Morgen Abend wird es für Magnus Brunner (ÖVP) ernst. Der designierte EU-Migrationskommissar stellt sich, genau wie die 25 anderen Personen im Team von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in dieser Woche, den Fragen der Europaparlament-Abgeordneten in Brüssel. Dabei wird es, neben Brunners Haltung zu Asylverfahren in Drittstaaten, Außengrenzschutz und Co. auch um die volle Aufnahme von Rumänien und Bulgarien in den Schengenraum gehen. Dass Brunner einen solchen bereits im Vorfeld des Hearings gefordert hatte, sorgte hierzulande für Wirbel. Widerspricht Brunner damit doch der Linie von Bundeskanzler Karl Nehammer sowie Innenminister Gerhard Karner und damit seiner eigenen Partei, die den Vollbeitritt der beiden Schengen-Anwärter seit bald zwei Jahren blockiert.

Eben diese Blockade könnte jedoch schon bald aufgegeben werden. Wie die „Kleine Zeitung“ erfuhr, findet unter der Schirmherrschaft und Teilnahme des aktuellen EU-Vorsitzlandes Ungarn ein Gipfel der Innenminister von Österreich (Karner), Rumänien (Marian-Cătălin Predoiu) und Bulgarien (Atanas Ilkov) statt. Am 22. November – also zwei Tage vor der Steiermark-Wahl – will man sich in Budapest treffen. Im Büro von Karner wird die Teilnahme am Gipfel auf Nachfrage bestätigt, man sei mit beiden Ländern aber ohnehin laufend in Gesprächen.

Karner: Veto „war und ist richtig“

„Wir sind auf einem richtigen Weg, aber noch nicht am Ende dieses Weges angelangt“, erklärt Karner zum avisierten Treffen. Das rot-weiß-rote Veto zu einem vollumfänglichen Beitritt von Rumänien und Bulgarien „war und ist richtig“, zeigt sich der Minister überzeugt, seither habe sich einiges zum Positiven gewandelt. Für Karner seien aber weiterhin ein „effizienter Außengrenzschutz“ und wenn nötig auch Binnengrenzkontrollen zentral. Das Treffen in Budapest müsse jedenfalls „mit einem klaren Gesamtpaket verbunden werden“.

Mit einem solchen war zuvor bereits der Schengen-„Zwischenschritt“ verbunden worden, zu dem sich Österreich vor einem Jahr durchgerungen hatte. Nachdem sich die beiden betroffenen Länder und zahlreiche andere EU-Mitgliedsstaaten empört über Wiens Veto gezeigt hatten, gab Karner grünes Licht für eine Schengenerweiterung zumindest für den Luftbereich – das sogenannte „Schengen Air“. Flugpassagierinnen und -passagiere aus den beiden Ländern können deshalb seit April 2024 einfacher in die EU einreisen. Das Einlenken Wiens kam jedoch nicht vorbehaltlos und wurde an Bedingungen geknüpft. Neben vermehrten EU-Mitteln für den Grenzschutz in beiden Ländern wurden im Gegenzug am Landweg nicht weniger, sondern mehr Grenzkontrollen zwischen Rumänien und Bulgarien sowie Ungarn und Rumänien gefordert.

Beitrittsbeschluss am 12. Dezember möglich

Während man im Innenministerium auf Nachfrage keine Angaben zu einem möglicherweise bevorstehenden Einlenken in Sachen Schengen machen will, zeichnen aktuelle Zahlen aus dem Haus ein durchaus positives Lagebild. Die Migration auf dem Balkan habe um 62 Prozent abgenommen und während nicht nur in Österreich die Zahl der illegalen Aufgriffe stark gesunken ist (von 5061 Aufgriffen im September des Vorjahres zu 840 im heurigen September), verzeichnet Bulgarien nun 46 Prozent weniger Aufgriffe, bei Rumänien sind es um 10 Prozent weniger.

Auch die Zahl der Asylanträge ist in beiden Ländern drastisch gesunken, in Bulgarien wurden um 43 Prozent weniger Anträge verzeichnet, in Rumänien sind es sogar 74 Prozent. Im Dublin-Bereich scheint sich ebenfalls etwas bewegt zu haben. Beide Länder würden jene Personen, die in Österreich um Asyl ansuchen, jedoch in Rumänien oder Bulgarien zuerst registriert wurden, inzwischen anstandslos nach dem sogenannten Dublin-System zurücknehmen.

Angesichts dieser Zahlen und der Teilnahme Österreichs am Treffen dürfte sich Wien bei seinem Veto nun also bewegen. Die Blockade könnte ganz aufgegeben werden, dürfte dann aber wohl mit weiteren Forderungen verknüpft werden. Für die beiden Länder könnte es dann schnell gehen. Ein Vollbeitritt (mit oder ohne Auflagen) könnte schon beim nächsten EU-Innenministerrat am 12. Dezember beschlossen werden.