Die Meldung kam aus heiterem Himmel. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler gab Samstagabend bekannt, dass sie der nächsten Bundesregierung nicht mehr als Ministerin zur Verfügung steht. Ein Sprecher der Ministerin bestätigt einen Bericht der Kronen Zeitung. Sie stehe bis zur Angelobung der nächsten Regierung im Amt, auch bleibe sie Mitglied des ÖVP-Verhandlungsteams. Die Juristin werde in ihrer Heimatstadt Salzburg eine Anwaltskanzlei eröffnen, dem Parlament wolle sie in der nächsten Legislaturperiode angehören. Edtstadler selbst war für die Kleine Zeitung vorerst nicht erreichbar.

Haussegen hängt schief in ÖVP

Über die Hintergründe des überraschenden Rückzugs kann nur spekuliert werden, es ist allerdings ein offenes Geheimnis, dass die Chemie zwischen Edtstadler und Nehammer nicht mehr stimmt. Zwar gibt es kaum ein anderes Regierungsmitglied, das dem Kanzler in der öffentlichen Debatte so zur Seite springt wie die Verfassungsministerin. Bei jüngsten Personalentscheidungen ging sie allerdings leer aus.

Kurz gilt als Edtstadlers Entdecker

Die ausgewiesene Juristin, die vor ihrer Übersiedelung nach Wien am Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg gearbeitet hat, war von Ex-ÖVP-Chef Sebastian Kurz in die Politik geholt worden, zunächst als Staatssekretärin und „Aufpasserin“ im Innenministerium von Herbert Kickl, dann als Verfassungsministerin. Zwischendurch führte sie 2019 gemeinsam mit Othmar Karas die EU-Liste an.

Wurde bei EU-Kommissar ausgebremst

Unter Kanzler und ÖVP Karl Nehammer verlor sie an Einfluss. Zur engen Vertrauten des Kanzlers stieg in den letzten Jahren Familienministerin Susanne Raab auf. Übermächtig ist in der Zwischenzeit auch die niederösterreichische ÖVP-Lobby in der Partei sowie im Kanzleramt. Zuletzt hatte sie sich Nachfolge von Johannes Hahn als EU-Kommissar gemacht, das Rennen machte - eher überraschend - Magnus Brunner, der nie Ambitionen auf einen Job in Brüssel hatte.

ÖVP muss auf einige Minister verzichten

Auch musste Edtstadler damit rechnen, bei der Vergabe der neuen Ministerposten in einer Dreiparteienkoalition leer auszugehen. Die Niederösterreicher Gerhard Karner und Klaudia Tanner gelten als fix gesetzt, auch Staatssekretärin Claudia Plakolm (als Ministerin), ebenso Raab. Martin Polaschek hat schlechte Karten, Magnus Brunner und Martin Kocher haben schon anderswo beruflich angedockt (EU-Kommission, Nationalbank). Statt eines Tages eine weitere Schmach zu erleiden, hat Edtstadler nun das Heft des Handelns selbst in die Hand genommen.

Nehammer wollte sie zur EU-Spitzenkandidatin machen

Auch wurde immer wieder gemutmaßt, dass sich Edtstadler Hoffnungen auf die Nehammer-Nachfolge gemacht habe, sollte dieser bei der Wahl scheitern. Dem Vernehmen nach wollte der ÖVP-Chef die Salzburgerin zur Spitzenkandidatin zur EU-Wahl machen, was sie allerdings abgelehnt hat. Auch bei der Vergabe der Chefposten im Präsidium des Parlaments ging die 43-jährige Salzburgerin leer aus, den Vorzug erhielt der einstige Generalsekretär des Wirtschaftsbundes Peter Haubner.

Nachfolgerin von Haslauer in Salzburg?

Möglicherweise kommt Edtstadler als Nachfolgerin des Salzburger Landeshauptmanns Wilfried Hauslauer ins Spiel, allerdings gilt Thomas Schnöll aus Favorit. Dieser dürfte im Laufe der Legislaturperiode den Sessel räumen. Edtstadter wurde von Sebastian Kurz in die Regierung geholt, zunächst als Staatssekretärin im Innenministerium unter Herbert Kickl, dann als Verfassungs- und Europaministerin.