Die von Ungarns Regierungschef Viktor Orbán und FPÖ-Chef Herbert Kickl unterschriebene „Wiener Erklärung“ sorgt für Aufregung. Kickls Unterzeichnung ‚im Namen Österreichs‘ kommt einer politischen Amtsanmaßung gleich. Er vertritt Österreich in keiner offiziellen Funktion nach außen“, kritisierte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker am Freitag. Auch Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer betonte: „Herbert Kickl kann für Österreich gar nichts unterschreiben.“
Laut Originaltext handelt es sich bei der am Donnerstag in Wien unterzeichneten Erklärung um eine Zusammenfassung der wichtigsten Prinzipien der FPÖ und Orbáns rechtsnationaler Partei Fidesz bezüglich Europa. Im ersten Satz heißt es: „Ungarn und Österreich bekräftigen hiermit die nachbarschaftliche Freundschaft sowie ihre geschichtlich und kulturell bedingte unerschütterliche Verbundenheit.“
Verfassungsexperte: Erklärung „null und nichtig“
Der Verfassungsexperte Peter Bußjäger sieht „diese Erklärung“ als „null und nichtig. Sie ist eine bloße Äußerung. Herbert Kickl kann Österreich nicht nach außen vertreten“, sagte der Professor der Universität Innsbruck im Ö1-„Feiertagsjournal“. Rechtliche Konsequenzen sieht Bußjäger laut dem ORF-Radio keine, wohl aber politische: Orbán werde die Erklärung „für seine Zwecke nutzen“, prognostizierte der Verfassungsjurist.
Stocker erklärte in einer Aussendung, dass die Unterschrift zeige, dass „ihm (Kickl, Anm.) der demokratische Prozess komplett egal ist, denn auch ohne Regierungsauftrag hat er die sogenannte “Wiener Erklärung' mit Viktor Orbán stellvertretend für ganz Österreich unterschrieben. Es sei eine „Provokation, die weder staatsmännisch noch patriotisch“ sei. Maurer ergänzte auf X: „Er (Kickl, Anm.) spricht nicht für unser Land und schon gar nicht für die Menschen, die an eine offene und gerechte Gesellschaft glauben. Alles, was er und die FPÖ betreiben, ist ein abgekartetes, größenwahnsinniges Schauspiel.“
Neos: „Nicht in unserem Namen, Herr Kickl“
Neos-Parteichefin Beate Meinl-Reisinger distanzierte sich von der „Freundschaftsbekundung“. Diese sei „nicht in unserem Namen! Nicht in unserem schönen Landesnamen, Herr Kickl“, sagte sie in einem Video, das am Freitag auf X veröffentlicht wurde. SPÖ-Gleichbehandlungssprecher Mario Lindner hatte sich bereits am Donnerstagabend zur „Wiener Erklärung“ zu Wort gemeldet: „Die FPÖ träumt von einem Umbau unserer Republik nach ungarischem Vorbild“, sagte er.
Stocker kritisierte weiters, dass beim Besuch Orbáns bei Nationalratspräsident Walter Rosenkranz (FPÖ) im Empfangssalon des Parlaments „die Fahne der EU verräumt“ wurde. Dies zeige die „umfassende Geringschätzung Österreichs und der EU, mit der Kickl hier unterwegs ist“, so Stocker, der dem FPÖ-Chef auch „Missachtung unserer staatlichen Symbole“ vorwarf. „Zum Beispiel, indem er seit Monaten mit der Flagge von Peru am Anzug-Revers herumläuft - die Streifen der österreichischen Flagge sind nämlich definitionsgemäß waagrecht.“ Kickl zufolge handle es sich dabei um einen „Festung-Österreich-Anstecker“.