Nach früheren Rekordjahren setzt sich der Trend sinkender Asylzahlen weiter fort. Während im September vor zwei Jahren noch 16.175 Asylanträge in Österreich registriert wurden, waren es im gleichen Monat des Vorjahres noch 8.312. Im vergangenen September gingen nur noch 1.867 Anträge ein. Die sinkenden Zahlen machen auch die in der antragsintensiven Zeit schnell aufgesperrten Asylquartiere obsolet, laut Innenministerium wurden bereits zwei Drittel der Quartiere aus den vergangenen zwei Jahren stillgelegt. Aktuell sind noch elf im „Einsatz“. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) zeigt sich regelmäßig erfreut über den Asyl-Rückgang, den er unter anderem auf eine „konsequente Migrationspolitik Österreichs“ zurückführt.

Kaum gesprochen wird hingegen über den Umstand, dass die Zahl der Schutzsuchenden aus der Ukraine, die vor dem dortigen Krieg flüchten, weiterhin konstant hoch ist. Während sich heute nur noch 1.700 Asylwerberinnen und Asylwerber in der Grundversorgung des Bundes befinden, liegt die Zahl der Geflüchteten aus der Ukraine bei knapp unter 40.000. Allein im vergangenen September kamen 1.900 Personen in Österreich an, im Oktober waren es bisher 1.600 Menschen.

Aufnahmestopp

„Wir müssen beinahe jeden Tag einen Aufnahmestopp einlegen“, erzählt Yelyzaveta Butochkina, die als Fachkraft für Flüchtlingsbetreuung im Ukraine-Ankunftszentrum im 13. Wiener Gemeindebezirk tätig ist. „Sobald ein paar unserer Bewohnerinnen und Bewohner ausziehen, nehmen wir gleich wieder Neue auf.“ Aktuell seien 213 Personen im Zentrum untergebracht, das eigentlich für 200 ausgelegt ist. „Wenn Personen mit Behinderung oder ältere Menschen vor unserer Tür stehen, können wir zur Not und auf Zeit bis zu 240 Personen aufnehmen.“ Lässt sich in Wien kein Platz finden, werden in Zentren in Graz oder Linz Notbetten aktiviert, doch auch die sind schnell belegt, sagt Butochkina. „Das macht die Sache schwierig.“

Schwierig verläuft auch die langfristige Verteilung der Ankommenden. Von der Betreuung des Bundes in den Ankunftszentren, wo vor allem Verpflegung und bei Bedarf auch ärztliche Versorgung im Mittelpunkt stehen, sollten die Betroffenen eigentlich zeitnah in die Zuständigkeit und damit Grundversorgung der Bundesländer wandern. Diese werden von einer eigenen Koordinierungsstelle in der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) wöchentlich durchtelefoniert und um die Einmeldung freier Ukrainer-Plätze gebeten.

Schlusslicht Kärnten

In der Praxis erfüllen die Länder die Quote (mit Ausnahme von Wien) aber oft nicht. Während sich in der Bundeshauptstadt mit Stand Mitte Oktober 14.240 Ukraine-Geflüchtete in Grundversorgung befinden, sind es im weit abgeschlagenen Statistik-Schlusslicht Kärnten nur 864. Am vorletzten Platz liegt Salzburg (1.343), die Steiermark hat mit 5.876 die drittmeisten Ukrainer untergebracht. Die ungleiche Verteilung ist, so wird das in Kärnten betont, auch der fehlenden Motivation seitens der Betroffenen geschuldet, in die Länder zu wechseln. Denn im Gegensatz zu Asylwerbern können ukrainische Staatsbürger, die formal als Vertriebene gelten, nicht zwangsweise einem Bundesland zugeteilt werden.

Auch im Vorarlberger Nenzing gibt es eine (aktuell gut besuchte) Anlaufstelle des Bundes für Menschen aus der Ukraine. Aus der Bundeshauptstadt werden jedoch auch dorthin nur selten Personen vermittelt, berichtet die in der Wiener Einrichtung zuständige Betreuerin Butochkina. Seit Juni, erzählt sie, steigen die Ankunftszahlen aus der Ukraine zudem wieder. „Das könnte am Herbst und Winter liegen. Dann wird das Leben in der Ukraine für die Bevölkerung noch schwieriger.“