Der Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), Andreas Huss, fordert „zumindest eine Milliarde Euro“ mehr für die Gesundheit. „Dann sind die Dinge, die dringend notwendig sind, finanzierbar“, sagte Huss am Sonntag in der ORF-Pressestunde. Konkret meint er damit unter anderem den Ausbau des niedergelassenen Bereichs, einen neuen Gesamtvertrag mit einheitlichem Leistungskatalog und den Ausbau der psychosozialen Versorgung.
Gelingen soll die Erhöhung der Mittel für die Sozialversicherung nach den Vorstellungen des ÖGK-Obmanns, indem der staatliche Krankenversicherungszuschuss für Pensionisten um eine Milliarde Euro erhöht wird. Über Beitragserhöhungen nachzudenken, lehnt er dagegen ab. Zur Stärkung des niedergelassenen Bereichs verwies Huss einmal mehr auf den Plan zur Einrichtung von 300 Primärversorgungszentren bis zum Jahr 2030 und 800 zusätzliche Kassenarztstellen.
Psychosoziale Versorgung soll massiv ausgebaut werden
Zudem will die ÖGK auch ihre eigenen Versorgungszentren ausbauen, sagte Huss. Aktuell gebe es fünf derartige Zentren in Wien, zwei weitere seien beschlossen, Ziel sei es, in jeder Landeshauptstadt ein Versorgungszentrum einzurichten. Kostenpunkt dafür wären laut Huss 150 Millionen Euro. Zudem will die ÖGK auch die psychosoziale Versorgung auf „völlig neue Beine stellen“. Dafür wolle man in allen 32 Versorgungsregionen ein psychosoziales Versorgungszentrum für Kinder und Jugendliche und eines für Erwachsene als Erstanlaufstelle einrichten.
Spitalsschließungen, wie sie zuletzt in Niederösterreich für Aufregung sorgten, verteidigte Huss. In Niederösterreich und anderen Bundesländern sei die Spitalsdichte sehr hoch. „Die Medizin spezialisiert sich. Man muss die Spitalslandschaft überdenken“, so Huss, der bei kleineren Spitälern den Umbau in Versorgungszentren empfiehlt, die keine Bettenstationen mehr haben. Als Vorbild nannte er die Steiermark.
Neuer Gesamtvertrag soll kommendes Jahr stehen
Die laufenden Verhandlungen über den Gesamtvertrag zwischen ÖGK und der Ärztekammer sieht Huss auf einem guten Weg. Er hoffe, dass der neue Leistungskatalog im kommenden Jahr fertig sei, sagte Huss. Bei der Art der Zusammenarbeit und dem Leistungskatalog sei man sich weitgehend einig. „Das dickste Brett“, das es noch zu bohren gelte, sei der Honorarkatalog. Die zusätzlichen Kosten für den österreichweiten Leistungskatalog samt einheitlichem Honorarsystem konnte Huss nicht genau beziffern. Er gehe aber von einem dreistelligen Millionenbetrag pro Jahr aus, so Huss.
Kritik übte Huss, ein Gewerkschafter, zum wiederholten Mal an der Kassenfusion unter Türkis-Blau. „Das war ein finanzielles Desaster“, so der Obmann, der auch die Gremienzusammensetzung ins Visier nahm. Die Idee der Sozialversicherung sei aus der Arbeitnehmerschaft gekommen, „jetzt haben die Dienstgeber die Mehrheit“, monierte er. Dass die Obmannschaft im Halbjahrestakt wechselt – nun hält sie eben Huss – würde „kein Unternehmen so machen“. Und weiter: „Das muss rückgängig gemacht werden. Die ÖGK gehört in die Hände der Arbeitnehmer.