Den Anfang machte SPÖ-Chef Andreas Babler mit einem kurzen Statement nach dem ersten, mehr als vierstündigen Gespräch der türkis-roten Sondierungsteams. Anschließend meldete sich auch Interimskanzler Karl Nehammer zu Wort, um die erste offizielle Teamrunde zu resümieren, nachdem ihm Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Mittwoch den Auftrag zur Bildung einer neuen Bundesregierung erteilt hat.

Zwar gebe es nach dieser ersten Runde „noch gar nicht so viel zu sagen“, erklärte Babler zu Beginn, es sei jedoch ein atmosphärisches Gespräch gewesen, „da war die Stimmung gut“. Die Hand der SPÖ sei ausgestreckt, „aber freilich nicht um jeden Preis“. Das Gespräch habe Babler jedoch „sehr positiv darin gestimmt“, dass die Verhandlungen „auch so zu einer Regierung führen können“. Die Unterschiede der beiden Parteien seien „natürlich vorhanden“, doch obwohl der weitere Weg noch nicht absehbar sei, „fühle ich mich bestärkt“, dass Verhandlungen „auf Augenhöhe“ möglich seien. ÖVP und SPÖ haben laut Babler für die Republik in der Vergangenheit viel erreicht, auch wenn sie manchmal „als schwerfällig wahrgenommen“ worden sei. Wenn man nun einen Interessensausgleich finde, „dann gibt es eine Perspektive“.

Es brauche nun eine Regierung, die nicht streite, sondern die großen Herausforderungen meistern kann. Die Arbeit in einer neuen Regierung werde „absolut herausfordernd“, es liege noch „ein sehr langer Weg“ vor den Verhandelnden, es könne jedenfalls „kein Weiter wie bisher“ geben. Zum genauen, weiteren Ablauf wollte sich Babler auf Nachfrage nicht äußern.

„Langer, steiniger Weg“

Kurz darauf trat Nehammer mit einem eigenen Statement vor die Medien. Das erste Gespräch sei „professionell und korrekt in der Durchführung“ gewesen. Es sei aber auch klargestellt worden, dass es kein Weiter wie bisher geben könne. Österreich brauche Veränderung und „tiefgehende Reformen“, so Nehammer. Es brauche „tragfähige Lösungen für die Menschen“, das habe er mit Babler auch genau so besprochen. Und der Kanzler stellte fest: „Das wird noch ein langer, wahrscheinlich auch ein sehr steiniger Weg werden, bis wir tatsächlich ins Ziel kommen“.

Inhaltlich gehe es der ÖVP vor allem um die Themenfelder Standortpolitik und Wettbewerbsfähigkeit, Investitionen und die Wirtschaft, aber auch um Migration und Integration. Weitere inhaltliche Details wollte Nehammer nicht nennen, „Sondierungsgespräche werden vertrauensvoll geführt“. Nun werde es weitere Gespräche mit inhaltlicher Vertiefung geben.

Fahrplan steht

Ein erster Fahrplan für die Verhandlungen zur Bildung einer neuen Bundesregierung steht. Heute trafen sich die Sondierungsteams von ÖVP und SPÖ, um organisatorische Details, die nächsten Schritte und erste inhaltliche Themenbereiche zu klären, heißt es aus der ÖVP-Zentrale. Außerdem trifft sich ÖVP-Obmann Karl Nehammer noch mit den Chefs von Neos und Grünen, Beate Meinl-Reisinger und Noch-Regierungspartner Werner Kogler.

Im Vorfeld des Gesprächs trat Nehammer vor die Presse und bestätigte die Termine am Freitag. Es gehe im „ersten Sondierungsgespräch“ mit der SPÖ darum, Rahmenbedingungen für die Verhandlungen festzulegen. Außerdem betonte Nehammer, dass „ich selbst unmittelbar nach der Wahl gefordert habe, dass die stimmenstärkste Partei den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten soll“. Jetzt herrsche „bei manchen eine gewisse Aufregung“, dass Nehammer als Zweitplatzierter den Auftrag von Bundespräsident Alexander Van der Bellen erhalten hat. FPÖ-Chef Herbert Kickl sei allerdings „gescheitert, einen Partner für eine Regierungsbeteiligung zu finden. Die radikalen Kräfte haben sich selbst aus dem Spiel genommen.“

Kritik an geplanter Großdemonstration

Irritiert zeigte sich Nehammer von einer für den 9. November geplanten Großdemonstration, bei der FPÖ-Anhänger gegen eine Regierung ohne blaue Beteiligung protestieren wollen. Der Bundeskanzler stößt sich dabei vor allem an dem gewählten Termin: „Der 9. November 1938 war der Höhepunkt der Novemberpogrome und ist zu Recht ein Gedenktag“, sagte Nehammer. „Das ist kein Tag, an dem man laut durch die Straßen zieht.“ Er fordere deshalb alle Parteien auf, sich von der Demonstration zu distanzieren.

Organisiert wird die Demonstration via Telegram von der Gruppe „Fairdenken“, die regelmäßig Kundgebungen veranstaltet und sich selbst als parteiunabhängig bezeichnet, in ihrem Blog allerdings im Wahlkampf Kickl unterstützte. Eine offizielle Unterstützung der Veranstaltung durch die FPÖ-Spitzen gibt es stand Freitag nicht. In einer Diskussionssendung auf „Servus TV“ bezeichnete die Salzburger Landeshauptmannstellvertreterin Marlene Svazek (FPÖ) den 9. November als „denkbar schlechtesten Tag, da muss man nicht demonstrieren“. Allerdings verstehe sie, „dass Menschen ihren Unmut kundtun wollen“.

Herbstferien für die Spitzenpolitik

Davor sind in den Herbstferien zumindest einige Tage Urlaub für die Spitzenpolitiker vorgesehen. Währenddessen sollen die operativen Teams der Parteien die inhaltlichen Schwerpunkte für die weiteren Sondierungen und möglichen Verhandlungen festlegen sowie die Verhandlungsunterlagen vorbereiten. Nehammer will ab kommenden Donnerstag wieder persönlich in die Vorbereitungen einsteigen. Ab 4. November ist geplant, die vertiefenden Sondierungen auch formell fortzusetzen.