FPÖ-Chef Herbert Kickl sieht trotz der Erteilung des Regierungsbildungsauftrags an ÖVP-Chef Karl Nehammer durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen weiterhin Chancen für eine Regierungsbeteiligung seiner Partei. An die blauen Wähler gewandt schrieb er am Nachmittag via sozialen Medien: „Ich verspreche Euch: Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Heute ist nicht aller Tage Abend.“
Van der Bellen habe „die Bevölkerung wissen lassen“, dass er „mit den bewährten und normalen Prozessen unserer zweiten Republik bricht“ – und „nicht den Wahlgewinner und Erstplatzierten der Nationalratswahl mit der Regierungsbildung beauftragt“, schrieb Kickl auf Facebook. „Das mag für ganz viele von Euch wie ein Schlag ins Gesicht wirken.“
Kickl sieht „unüberhörbaren Ruf nach Veränderung“
Der Wahlausgang sei ein „unüberhörbarer Ruf nach Veränderung und Erneuerung“ gewesen, so Kickl. Er sehe es daher auch heute so, wie er es bisher getan habe: „Es ist unsere staatspolitische Verantwortung, die Hand weiter ausgestreckt zu halten.“ Die FPÖ wolle für Österreich arbeiten und sei bereit, Verantwortung zu übernehmen. „Es liegt nicht an uns.“
Man werde sehen, welche Koalition am Ende der Entwicklung stehen werde. „Wenn es nach dem Willen der Wählerinnen und Wähler geht, kann es nur eine Regierung unter der Führung der FPÖ sein“, untermauerte der FPÖ-Chef trotz der jüngsten Entwicklungen seinen Kanzler-Anspruch und nahm Anleihen an einem Zitat Van der Bellens: „Ich bin davon überzeugt, dass die Schönheit der Demokratie darin besteht, dass die Durchsetzung des Wählerwillens zwar mitunter gebremst und verlangsamt, aber letztendlich nicht verhindert und gestoppt werden kann.“
SPÖ und Neos stellen Bedingungen für Zusammenarbeit mit ÖVP
Die SPÖ, mit der ÖVP-Chef Nehammer vertiefende Gespräche zu einer möglichen Koalition angekündigt hat, ist zu einer Zusammenarbeit bereit – allerdings nur „wenn wir reale Verbesserungen für die Bevölkerung umsetzen können“, heißt es in einem Statement von Parteichef Andreas Babler. „Wir sind offen für konstruktive Gespräche mit Karl Nehammer und der ÖVP. Eine Koalition wird es mit uns nur geben, wenn wir gemeinsam Lösungen für die großen Herausforderungen finden, vor denen Österreich steht. Ein „Weiter-wie-bisher“, das wollen wir nicht. Wir stehen mit unserem Sondierungsteam bereit, sobald die ÖVP auf uns zukommt“, wird Babler zitiert.
Zugunsten einer breiteren Mehrheit im Nationalrat strebt Nehammer eine Dreierkoalition an. Die besten Karten, dritter Partner zu werden, dürften die Neos haben. Die Pinken hatten bereits zuvor erklärt, sie stünden für „ernsthafte Sondierungsgespräche“ zur Verfügung. Voraussetzung dafür sind aus Neos-Sicht „ein ehrlicher Wille zu Reformen und ein Klima des Vertrauens auf Augenhöhe“, hieß es in einer Stellungnahme. Gleichzeitig dankten die Neos Van der Bellen für die „klare Entscheidung“. Der Ball liege nun bei Nehammer, der nun Möglichkeiten für eine stabile Mehrheit auszuloten habe. Aus pinker Sicht drängt die Zeit dafür, denn die „Lage in Österreich“ lasse es nicht zu, bei der Suche nach einer handlungsfähigen Regierung Zeit zu verlieren.