Das Parlament dürfte in musikalischer Hand bleiben. Zwar ist der von der FPÖ nominierte Walter Rosenkranz nicht wie der aktuelle Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) Dirigent, aber immerhin studierter Konzert-Gitarrist. Vorausgesetzt er erhält am Donnerstag im Nationalrat eine Mehrheit, wird der 62-Jährige zum ersten freiheitlichen Nationalratspräsidenten.
Die Chancen für Rosenkranz stehen gut. Immerhin hat ihn der Nationalrat auch schon zum Volksanwalt gekürt, einen Posten, der normal eher als politisches Ausgedinge gilt. Nicht für den Kremser, der sich stets für Hohes berufen sah. 2022 ging er als Kandidat für die FPÖ in eine schwer gewinnbare Hofburg-Wahl, hatte dort gegen Alexander Van der Bellen zwar keine Chance, holte aber mit knapp 20 Prozent ein respektables Resultat.
Nationalratspräsident: Interessante Alternative mit historischem Charakter
Zwei Jahre später ergibt sich für ihn nun eine interessante Alternative mit historischem Charakter. Rosenkranz ist, nachdem die FPÖ Norbert Hofer ins Burgenland schickte, die logische Wahl, will man nicht provozieren, sondern auch tatsächlich den Posten ergattern. Der Präsidentschaftskandidat ist zwar stramm rechts, doch dem Juristen ist zuzutrauen, dass er das Amt durchaus objektiv ausführen kann. Zudem bringt Rosenkranz jede Menge parlamentarische Erfahrung mit.
Mehr als zehn Jahre drückte er zwischen 2008 und 2019 schon einen Sessel im Nationalrat, ab 2017 führte er in der schwarz-blauen Koalition den freiheitlichen Parlamentsklub. Im Korruptions-Untersuchungsausschuss meisterte er ohne größere Aufregungen den Vorsitz. Inhaltlich widmete sich Rosenkranz im Nationalrat speziell der Bildungspolitik.
Susanne Rosenkranz ist Landesrätin
Wiewohl aus Krems stammend startete seine politische Karriere in Wien, wo der Doktor der Rechtswissenschafter zunächst als Jurist im Landtagsklub arbeitete und später kurze Zeit als Landesparteisekretär diente. Später reüssierte er in Niederösterreich, wo er ab 2013 den freiheitlichen Landesvorsitz einnahm. Den Namen Rosenkranz gibt es in der Landespolitik immer noch, seine Frau Susanne ist in der schwarz-blauen Koalition Landesrätin.
Rosenkranz selbst gilt als sehr selbstbewusst und repräsentativen Ämtern gegenüber nicht abgeneigt. Innerparteilich fiel er durch Loyalität auf. Selbstironisch nannte er sich jüngst selbst „Parteisoldat“. Dass ihn jetzt sein „Chef“ Herbert Kickl als Nationalratspräsident nominiert, ist vielleicht auch ein später Dank dafür, dass sich Rosenkranz die Bundespräsidenten-Wahl angetan hatte - und möglicherweise könnte er ja dereinst vom Parlament aus noch einmal nach dem höchsten Amt im Staat greifen.
Stefan Verra über Walter Rosenkranz
Im Bundespräsidentschaftswahlkampf 2022 analysierte Stefan Verra die Körpersprache von Walter Rosenkranz. Hier gibt es die Video-Kolumne „Verra blickt hinter die Worte“.