Wenn der neugewählte Nationalrat am Donnerstag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentritt, gilt es nicht nur, 183 Abgeordnete anzugeloben. Auch eine Reihe von politischen Topjobs sind zu vergeben – allen voran das Amt des Nationalratspräsidenten, immerhin das formal zweithöchste in der Republik.

Nach dem Wahlsieg der FPÖ am 29. September haben die Freiheitlichen erstmals Anspruch auf dieses hohe Amt. Parteichef Herbert Kickl wird erwartungsgemäß Walter Rosenkranz nominieren, der am Freitag seinen Wechsel aus der Volksanwaltschaft in den Nationalrat ankündigte. Rosenkranz gilt als erfahrener Parlamentarier und war unter Türkis-Blau Klubobmann und Regierungskoordinator. Zum Volksanwalt wurde der 62-jährige Jurist aus Krems an der Donau 2019 mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, FPÖ und der Liste Jetzt gewählt – die Grünen waren damals nicht im Nationalrat vertreten. Allerdings werden die drei Volksanwälte nicht einzeln, sondern im Paket abgestimmt. Für die Diskussionen sorgte weniger Rosenkranz, sondern dass ausschließlich Männer nominiert waren.

Grüne klar gegen freiheitlichen Nationalratspräsidenten

Für die ÖVP hat bereits Bundeskanzler Karl Nehammer erklärt, dass die FPÖ das Vorrecht hat, einen Kandidaten für den Nationalratspräsidenten zu nominieren. Die SPÖ akzeptiert dies ebenfalls, wird ihren Abgeordneten ihr Wahlverhalten am Donnerstag freistellen. Die Neos wollen Rosenkranz zuvor noch in ihren Klub einladen und erst dann entscheiden. Einzig die Grünen sprechen sich nicht nur gegen Rosenkranz aus, sondern lehnen einen FPÖ-Nationalratspräsidenten grundsätzlich ab.

Die ÖVP nominiert für das Amt des Zweiten Nationalratspräsidenten den 64-jährigen Salzburger Abgeordneten Peter Haubner. Die Tradition will es, dass wenn, wie derzeit Klubchef August Wöginger aus dem ÖAAB kommt, der Posten im Nationalratspräsidium an einen anderen Bund geht; Haubner ist Wirtschaftsbündler. Für die SPÖ wird die bisherige Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures im Präsidium bleiben.

Neue Klubobleute im Nationalrat

Auch an den Klubspitzen stehen teils Veränderungen an. FPÖ-Obmann Herbert Kickl und Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger werden ihre Posten behalten, auch ÖVP-Klubobmann August Wöginger dürfte bleiben, wenngleich die Entscheidung dazu formal erst bei den Klubsitzungen am Mittwoch fällt. Dafür dürfte der neu im Nationalrat vertretene SPÖ-Chef Andreas Babler das Amt des Klubchefs übernehmen, was auch seinen Abschied als Bürgermeister von Traiskirchen bedeuten würde. Vom für geschäftsführende Klubobleute geltenden Berufsverbot wäre der Bürgermeisterposten als öffentliches Amt allerdings nicht umfasst. Philip Kucher, zuletzt geschäftsführender Klubobmann, dürfte auch in Zukunft eine gewichtige Rolle spielen. Welche, bleibt aber noch offen. Zu einem Wechsel kommt es an der Grünen Spitze, wo Parteichef Werner Kogler die Klubführung von Sigrid Maurer übernehmen wird. Vizekanzler ist Kogler in der momentanen Übergangsphase ohnehin nicht mehr, Sport- und Kulturminister kann er der „gängigen Praxis“ entsprechend bleiben.

Schiefer und Giuliani-Sterrer dürften für die FPÖ einziehen

Rochaden sind ebenso auf den hinteren Bänken des Plenarsaals geplant. Vor allem für die FPÖ werden nach ihrem Plus bei der Wahl zahlreiche neue Abgeordnete ins Parlament einziehen, darunter voraussichtlich Ökonomin Barbara Kolm, Manager Arnold Schiefer und Ex-ORF-Moderatorin Marie-Christine Giuliani-Sterrer.

Mehrere Neue im SPÖ-Klub

Zu erwarten ist, dass die türkisen Noch-Regierungsmitglieder ihre Mandate annehmen werden, sollten diese auch einer künftigen Regierung angehören, wird es im Klub abermals zu Veränderungen kommen.

Nahezu unverändert ist der Mandatsstand bei der SPÖ, trotzdem werden am Donnerstag zahlreiche Neue angelobt, darunter die Gewerkschafterin Barbara Teiber sowie der im Sommer zurückgetretene Wiener Bildungsdirektor Heinrich Himmer.

Grüne: Bürstmayr und Blimlinger müssen gehen

Schrumpfen wird hingegen der grüne Parlamentsklub, gleichzeitig muss Platz für Kogler sowie die Noch-Ministerinnen Alma Zadic und Leonore Gewessler gemacht werden. Gehen müssen unter anderem Sicherheitssprecher Georg Bürstmayr und Mediensprecherin Eva Blimlinger.

Die Neos setzen indes auf zahlreiche neue Gesichter. Während sich etwa der bisherige Sozialsprecher Gerhard Loacker zurückzieht, rücken unter anderem der steirische Manager Veit Dengler und Sophie Wotschke, Chefin der Nachwuchsorganisation Junos, nach.