Zweieinhalb Wochen nach der Nationalratswahl haben die von Bundespräsident Alexander Van der Bellen beauftragten Gespräche zwischen den Parteichefs von FPÖ, ÖVP und SPÖ begonnen. Den Anfang machten am Dienstag ÖVP-Chef Karl Nehammer und Wahlsieger Herbert Kickl (FPÖ). Die konkreten Inhalte wie auch der Ort des Treffens blieben im Vorfeld geheim. Nach den Gesprächen sollen die Parteichefs Van der Bellen berichten, welche Zusammenarbeit möglich wäre.

Vor der Nationalratswahl habe er klar gesagt, wie er zur Politik Herbert Kickls stehe, erklärte Nehammer im Anschluss an das Gespräch. Diese Einschätzung habe sich auch nach der Wahl nicht geändert. Es gehe „nicht um die Frage der Sympathie zwischen uns beiden“, sondern um das politische Handeln. Kickl sei nicht bereit, Verantwortung zu übernehmen, zudem lehne Nehammer dessen Demokratieverständnis „zutiefst ab“. Er stelle durch sein Handeln immer wieder „eine Gefahr für die innere Sicherheit“ dar und öffne die Tore für russische Interessen. Zudem schüre Kickl Ängste und bemühe Verschwörungstheorien.

Kein „Steigbügelhalter“

All das bedeute nicht, dass man das Wählervotum nicht ernst nehme, aber „bei all den berechtigten Sorgen“ dürfe man nicht auf die Demokratie vergessen und auf Spaltung setzen. Es brauche „echte, tragbare Lösungen“. Also: Nehammer werde weder als Bundeskanzler, noch als ÖVP-Parteiobmann „den Steigbügelhalter für Herbert Kickl machen“. Er halte das für eine „historische Verantwortung“ und fühle sich jenen mehr als 70 Prozent im Land verpflichtet, die Kickl nicht gewählt haben.

Als fixe Zusage für ÖVP-SPÖ oder eine Dreierkoalition mit den Neos will Nehammer dies nicht verstanden wissen, aber das Nein zu einer Koalition mit der Kickl-FPÖ sei für den ÖVP-Chef nicht verhandelbar.

Auch Neos-Chefin führt Gespräche

Im Vorfeld des heutigen Treffens wollten weder die ÖVP noch die FPÖ bekannt geben, wo der Termin stattfinden werde. Informationen mehrerer Medienvertreter, die beiden könnten sich im Parlament treffen, stellten sich als falsch heraus. Kurz vor 14 Uhr war Kickl vor den FPÖ-Klubräumlichkeiten in der Reichsratsstraße gesehen worden, wie er in ein Auto stieg. Von Seiten der FPÖ hieß es zu den vergebens wartenden Journalisten nur, das Treffen fände „in Wien“ statt, und dauere „so lange es dauert“.

Nach ähnlichem Prinzip dürfte morgen auch das nächste Treffen ablaufen, dann loten Nehammer und SPÖ-Chef Andreas Babler die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit aus. Als wahrscheinlichste Koalitionsvariante neben Schwarz-Blau gilt derzeit die „Zuckerl“-Koalition - die Kickl freilich als „Verliererkoalition“ betitelt - bestehend aus ÖVP, SPÖ und Neos, erfordert der schwarz-rote Überhang von nur einem Mandat realpolitisch doch einen dritten Partner. Auch in diese Richtung gibt es in den kommenden Tagen Gespräche: Am Mittwoch trifft Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger den Kanzler, am Donnerstag den SPÖ-Chef, bestätigte ein Sprecher einen entsprechenden Artikel der „Presse“ der APA. Auch zu diesen Gesprächen werde es „keine Kommunikation“ geben.

Wallner: Nicht auf Bund schließen

Als letztes Treffen steht am Donnerstag dann jenes zwischen Kickl und Babler an. Eine Koalition mit den Freiheitlichen wurde von der SPÖ mehrfach ausgeschlossen. Van der Bellen hat noch keiner Partei einen Auftrag zur Regierungsbildung erteilt. Dass er die FPÖ vorerst nicht zum Zug kommen ließ, erklärte der Bundespräsident mit einer „klassischen Pattsituation“, sei sie doch ein Wahlsieger, mit dem offenbar keine der anderen Parteien regieren wolle. Kickl stellt den Kanzleranspruch und will mit der ÖVP koalieren, die Volkspartei will aber nicht mit ihm. Die drei Parteichefs sollen nun bis Ende der Woche „verlässlich klären, welche Zusammenarbeit vorstellbar wäre“.

Auch in Vorarlberg, wo die FPÖ bei der Landtagswahl am Sonntag trotz eines Rekordergebnisses deutlich hinter der ÖVP blieb, begannen heute erste Gespräche unter den Parteichefs. Auch dort machte jenes zwischen ÖVP und FPÖ den Anfang. Daraus lasse sich laut dem amtierenden und zukünftigen VP-Landeshauptmann Markus Wallner aber nicht auf den Bund schließen. Denn: „Wir haben keinen Kickl im Land“, sagte er im Ö1-Morgenjournal. Der FPÖ-Parteiobmann habe sich „in den letzten Stunden keineswegs als Staatsmann präsentiert“, hielt Wallner am schwarzen Nein zum blauen Chef fest. Auf Bundesebene erwarte er sich - wohl aufgrund der Rolle Kickls und anders als in Vorarlberg - „äußerst zähe Verhandlungen“.