Heraufbeschworene Revolutionen finden selten statt. Umso mehr, wenn die Sorge vor dem Umsturz strategisch inszeniert wurde. Genau das hat die Landes-ÖVP mit Landeshauptmann Markus Wallner an der Spitze gemacht, um sich der blauen Welle zu erwehren. Vor zwei Wochen lag die ÖVP mit 29 Prozent nur knapp vor den FPÖ von Herbert Kickl.

Zwar musste die ÖVP auch am Sonntag erhebliche Verluste und ihr bisher schwächstes Ergebnis einstecken, doch gelang es ihr, die FPÖ mit dem erst 33-jährigen Spitzenkandidaten Christof Bitschi auf Abstand zu halten. Im Intensivwahlkampf hatte Wallner die Abstimmung zum Duell gegen den jüngeren Herausforderer ausgerufen – im Verein mit der gestiegenen Wahlbeteiligung war diese Strategie entscheidend.

Die Blauen konnten sich nach ihrem Ibiza-bedingten Absturz vor fünf Jahren dennoch mehr als verdoppeln – und übertrafen ihre Bestmarke von vor 25 Jahren. Politisch stehen die Zeichen nach zehn Jahren Schwarz-Grün künftig auf Schwarz-Blau. Das hat im Ländle Tradition: Schon von 1974 bis 2004 regierte die ÖVP – die meiste Zeit trotz absoluter Mehrheiten – mit den Freiheitlichen. Vor allem aber hat sich die Koalition mit den Grünen – wie zuvor schon im Bund – öffentlich auseinandergelebt.

Der Stein, der Kanzler Karl Nehammer ob Wallners Abschneiden vom Herzen gefallen ist, war in der Bundeshauptstadt weithin zu hören. Der Kanzler sah „erneut ein deutlich besseres Ergebnis, als viele der Volkspartei zugetraut haben" – und spielte damit auf sein eigenes vor zwei Wochen an, als er zwar ein Rekordminus an Prozenten einstecken musste, aber Platz zwei rettete.

So gesehen wird sich in an seinem Nein zu einer Koalition mit FPÖ-Chef Kickl auf absehbare Zeit nichts ändern. Bereits am Dienstag trifft Nehammer SPÖ-Chef Andreas Babler und anschließend Kickl. Der Bundespräsident hatte die drei Parteiobleute vergangene Woche aufgefordert, mögliche Koalitionsmöglichkeiten auszuloten.

Wallner, der bei der Wahlparty mit „Hoch soll er leben“ gefeiert wurde, will bei der Koalitionsfrage schnell Nägel mit Köpfen machen – und sich damit vom Bund abgrenzen. Er betonte die intakte Gesprächsbasis zu allen Parteien und unterstrich den Wunsch der Wähler nach Veränderung, allen voran bei Zuwanderung und leistbarem Leben.

Damit steht ab sofort die steirische Landtagswahl am 24. November im Fokus. Zumal die Ausgangslage wie die Rahmenbedingungen deutlich andere sind. Zum einen sind die Abstände zwischen ÖVP, SPÖ und FPÖ traditionell geringer, und am 29. September hatte die FPÖ im schwarz-rot regierten Bundesland bereits die Nase vorn.