Als gebürtiger Vorarlberger und langjähriger Chefredakteur der „Vorarlberger Nachrichten“ kennt Gerold Riedmann das westlichste Bundesland Österreichs wie seine Westentasche. Gespannt blickt er auf die dortige Landtagswahl am Sonntag und analysiert in der ZiB 2 bei Moderator Martin Thür die aktuelle Lage in Vorarlberg.

Landtagswahlen in Vorarlberg sind nicht gerade für Aufreger bekannt, so leitete ZiB-2-Anchorman Thür die Berichterstattung zur Landtagswahl ein. Seit 1945 regiert dort die ÖVP, war stets stärkste Partei, bei der letzten Wahl kam man auf komfortable 43,5 Prozent, während die FPÖ kurz nach „Ibiza“ nur auf knapp 14 Prozent kam. Das dürfte sich ändern. Die FPÖ macht deutlich: Sie will nach der Landtagswahl regieren.

Journalist Gerold Riedmann (Standard) kommentiert den langsamen Niedergang der ÖVP Vorarlberg:

Kein Kopf-an-Kopf-Rennen erwartet

Die Themen, für die sich die Wähler interessieren, reichen von Sicherheit und Bildung bei den Jungen bis hin zu Klima, Pflege, Teuerung, Asyl und Migration und einer Leistbarkeit des Lebens. Sicherheit und Migration sind vor allem Themen, mit denen die FPÖ punkten will. „Es wird für Vorarlberger Verhältnisse ein sehr enges Rennen“ - ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen ÖVP und FPÖ, wie es Landeshauptmann Markus Wallner prophezeit, sieht Gerold Riemann jedoch nicht. Wallner könne jedoch froh sein, wenn das Wahlergebnis mit einer „3“ beginne.

Als fair in Ton und Umgang bezeichnete der Journalist den Wahlkampf im „Ländle“. Daher überrasche es wenig, dass die Wirtschaftsbund-Affäre und die Auszeit des Landeshauptmanns im Wahlkampf kaum eine Rolle spielten. Die Wähler könnten sehr wohl auf ein vor und nach der Wirtschaftsbund-Affäre setzen. Als große Unbekannte sieht Riedmann eher die Corona-Zeit sowie die Furcht vieler Vorarlberger vor drohendem Wohlstandsverlust.

Fahnenschwingend neben Kickl

Als wahrscheinlichste Option sieht Riedmann eine ÖVP-FPÖ-Koalition nach der Wahl. „Markus Wallner kann nur so an seiner Macht festhalten und eine dritte Legislaturperiode sichern.“ Auch wenn die Vorarlberger FPÖ gerne als gemäßigt bezeichnet werden, sieht Riedmann hier keinen Unterschied zum Rest der österreichischen Freiheitlichen. „Letztlich stehen auch die Gemäßigten fahnenschwingend neben Kickl, es gibt keine gemäßigte FPÖ in Vorarlberg.“

Mit ihrem Verhalten im Wahlkampf machten es die Grünen, immerhin Koalitionspartner der aktuellen Regierung, der ÖVP auch leicht, die FPÖ gegebenenfalls vorzuziehen, analysiert Riedmann. So gehe nicht nur Spitzenkandidat Daniel Zadra auf Konfrontationskurs zum Landeshauptmann, auch Spitzenpolitiker aus dem Bund wie Umweltministerin Leonore Gewessler positionierten sich kritisch.

Kaum Chancen auf große Sprünge bei SPÖ

Auch wenn die SPÖ etwa durch die Eroberung des Bürgermeisteramtes in Bregenz punkten konnte, räumt Riedmann der SPÖ auf Landesebene wenig Chancen auf große Erfolgssprünge ein. Die Sozialdemokraten hätten es im „Ländle“ traditionell schwer. Eigentlich spreche laut Riedmann die Themenlage für die SPÖ, aber das müsse nichts heißen. Hoffnungen auf Zugewinne dürften sich hingegen die NEOS machen, so die Einschätzung des „Standard“-Chefredakteurs.