Keine leeren Kilometer fordert der Bundespräsident. Alexander Van der Bellen hat den Chefs der drei stimmenstärksten Parteien bei der Nationalratswahl den Auftrag erteilt, in den kommenden Tagen ehrliche Gespräche zu führen, welche Koalitionsvarianten in Frage kommen. Bis Ende kommender Woche will der Bundespräsident über Ergebnisse informiert werden.

Wie genau die Gespräche ablaufen, bleibt vorerst unklar. Herbert Kickl, Chef der Wahlsiegerin FPÖ, will die Initiative ergreifen und Karl Nehammer und Andreas Babler zu Gesprächen einladen, noch seien diese aber nicht verschickt worden.

Parteien halten sich bedeckt

Die Einladung werde man „aller Voraussicht nach annehmen“, heißt es von ÖVP-Seite, zu der geplanten Vorgehensweise hält man sich allerdings bedeckt. Nehammer kündigte in einer Videobotschaft lediglich an, er werde „das, was ich vor der Wahl versprochen habe, auch nach der Wahl halten“. Auch in der SPÖ rechnet man mit einer Einladung, zum Inhalt der Gespräche wolle man sich öffentlich erst äußern, wenn der Bundespräsident über die Ergebnisse informiert ist.

Auch die FPÖ will sich im Vorfeld der Gespräche nicht in die Karten blicken lassen. Man wolle sich direkt mit den beiden Partnern austauschen und mögliche Gesprächsinhalte nicht über die Medien kommunizieren.

Van der Bellen könnte Regierungsbildungsauftrag erteilen

Doch kann die von Van der Bellen so bezeichnete „Pattsituation“ zwischen den Parteien binnen einer Woche aufgelöst werden? „Ich glaube nicht, dass zwei Parteien zum Bundespräsidenten gehen werden und sagen, alles ist ausgemacht, wir sind bereit zur Angelobung“, sagt Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmerle. „Aber welche beiden Parteien bereit zu ernsthaften Gesprächen sind – das können sie in einer Woche klären.“ Van der Bellen dürfte diesen beiden Parteien dann einen Regierungsbildungsauftrag erteilen.

Stand jetzt rechnet die Politologin mit Verhandlungen zwischen ÖVP und SPÖ, „wenn Babler und Nehammer halbwegs einen Draht zueinander finden“. In Stein gemeißelt wäre eine solche Koalition dennoch nicht. Bis ganz zum Schluss seien heikle Punkte zu klären, Gespräche könnten jederzeit auch scheitern. „Nur weil zwei sagen, sie beginnen Verhandlungen, heißt das noch lange nicht, dass sie zu einem Ergebnis kommen“.