Die Republik steht unmittelbar vor Regierungsverhandlungen. Ein drängendes Thema dabei wird die budgetäre Lage sein. Sie erfordert kurzfristige Einsparungen, um wieder die EU-Regeln einhalten zu können, in den Verhandlungen wird es aber auch um notwendige Investitionen gehen. Auch sie müssen finanziert werden. Fiskalrat, Wifo und das kommunale Forschungszentrum KDZ haben deshalb am Mittwoch auf den dringenden Reformbedarf hingewiesen.
Alle drei Institutionen haben in jüngerer Vergangenheit diverse Vorschläge erarbeitet, wie der Bundesstaat effizienter und damit sparsamer werden könnte. Ein konkretes Volumen wollte Christoph Badelt, Präsident des Fiskalrats, aber nicht nennen: „Das wäre unseriös“. Einig waren sich aber alle, dass Lösungen für die langfristigen Herausforderungen ausgabenseitig zu suchen sind. Anders ist dies bei den kurzfristigen Problemen.
Margit Schratzenstaller geht davon aus, dass Österreichs neue Regierung in den kommenden vier Jahren mehr als 2,5 Milliarden Euro pro Jahr einsparen muss, um die Maastricht-Vorgaben einzuhalten. „Das ist eine große Aufgabe“, sagt die Budgetexpertin des Wifo. Da größere Strukturreformen, aber auch komplett neue Steuern, wie die von der SPÖ geforderten Vermögenssteuern, Zeit benötigen, um wirksam zu werden, sind diese weniger geeignet, die kurzfristigen Schwierigkeiten zu beheben.
Es sei dennoch wichtig, die Reformen möglichst rasch zu beschließen, eben weil der Vorlauf ein längerer ist, aber auch um die Akzeptanz von unmittelbaren Kürzungen zu erhöhen, so Schratzenstaller. Als Beispiel wurden bei dem Pressetermin ein Aussetzen des Klimabonus für ein paar Jahre genannt, die Streichung von klimaschädlichen Förderungen (Dieselprivileg) sowie die Erhöhung bestehender Lenkungssteuern wie die Mineralölsteuer, die Alkohol- und die Tabaksteuer. Seit 2011 ist die Mineralölsteuer nicht mehr angepasst worden. Nicht nur, dass der Staat dadurch real weniger einnimmt, gehe auch noch die Lenkungswirkung verloren, so Schratzenstaller.
Längerfristige Reformvorschläge betrafen unter anderem die Förderungen. Man müsse das System durchforsten, um Doppelgleisigkeiten zu minimieren. Allerdings sei die Datenlage nur auf Bundesebene gut genug dafür. Angesichts fehlender Transparenz bestehe die Gefahr der Überförderung durch die diversen Gebietskörperschaften, argumentierte Schratzenstaller, die auch die wesentlichen Bereiche skizzierte, in die in Zukunft mehr Geld fließen wird: Klimawende, Landesverteidigung, Bildung, Kinderbetreuung, digitaler Wandel sowie Forschung und Entwicklung.
Der Fiskalrat empfiehlt auch, den Ländern und Kommunen mehr Abgabenautonomie zu gestatten. Die Zusammenlegung der Einnahmen- und Ausgabenverantwortung erhöhe die Effizienz. Gemeinden erhalten derzeit nur Grund- und Kommunalsteuer, die aber zudem vom Bund festgelegt werden. Im Fall der Grundsteuer ist zudem eine Reform seit Jahrzehnten ausständig. Die Möglichkeit der Leerstandsabgabe werde bisher kaum genutzt, sagt Karoline Mitterer vom Zentrum für Verwaltungsforschung KDZ.
Auch der Finanzausgleich bedarf einer Reform. Im langfristigen Trend verringern sich die Spielräume der Gemeinden immer weiter, erklärte Mitterer. Der Bund reagiert seit einigen Jahren darauf mit temporären Hilfspaketen. „Das Problem ist also bekannt, eine Dauerlösung ist das nicht“, so die KDZ-Forscherin. Vor allem die Umlagen (Soziales, Gesundheit), die aus den Gemeindebudgets direkt wieder an die Länder zurückfließen, entwickeln sich durch die demografische Entwicklung sehr dynamisch. Die Folge: weniger freie Mittel für Investitionen. Und da die Gemeinden ein zentraler öffentlicher Investor sind, ist dies auch konjunkturell bedeutsam – und damit wiederum für die Entwicklung des Defizits relevant.