Rudolf Fußi will wirklich SPÖ-Chef werden. Das war jedenfalls der Stand bei Redaktionsschluss. Für heute hat der PR-Berater eine Pressekonferenz angekündigt. Eine gewisse Vorsicht ist geboten, wie eine kurze biografische Reise des zweifellos bunten Vogels der politik-medialen Szene in Wien zeigt.
In Fohnsdorf geboren und aufgewachsen, war Fußi zuerst Mitglied der Schülerunion, dann der JVP. Noch 2001 bezeichnete er sich selbst als „Sozialistenfresser“, trat aber ein Jahr später der SPÖ bei. Grund war die Anschaffung der Eurofighter unter Schwarz-Blau, gegen die der heute 46-Jährige ein Volksbegehren initiiert hatte. Nur zehn Jahre später trat Fußi wieder aus der SPÖ aus, wurde ihr Kritiker, teilweise aber auch ihr Berater. Zu seinen Kunden zählten und zählen auch die Wiener Wirtschaftskammer und früher das Team Stronach.
Auch die jüngere Geschichte seiner parteiinternen Ideen und Ratschläge, die durch rund 75.000 Follower auf X (Twitter) eine gewisse Wirkmacht erhielten, offenbaren Flexibilität. Mit der jeweiligen Parteiführung chronisch unzufrieden, wollte Fußi im März 2020 Andreas Babler an der Parteispitze sehen: „Machen wir ihn doch endlich zum SPÖ-Chef“, schrieb Fußi auf X. Ein Jahr später „drohte“ er mit einer Parteigründung, sollte Hans Peter Doskozil die SPÖ übernehmen: „Versprochen“. Als sich der burgenländische Landeshauptmann zwei Jahre später tatsächlich um den Vorsitz bewarb, nahm Fußi von seiner Ankündigung Abschied, trat nach elf Jahren Pause wieder der SPÖ bei und unterstützte Doskozil.
Die im November beschlossene Statutenänderung sieht vor, dass eine Direktwahl um den Vorsitz abzuhalten ist, wenn dies von 10 Prozent der Mitglieder aus zumindest vier Landesgruppen innerhalb eines Quartals verlangt wird. Das heißt, Fußi bräuchte in etwa 15.000 Unterstützungserklärungen, um überhaupt antreten zu können. Zur Relation: Nikolaus Kowall, der in Wien einen Vorzugsstimmenwahlkampf führte, hat von 240.000 SPÖ-Wählern nur rund 8000 zu einer persönlichen Unterstützung überzeugen können.
Partei geht auf maximale Distanz
Die Partei spricht jetzt von einem „PR-Coup“, es sei aber Fußis Recht als Mitglied, eine Direktwahl einzufordern. Allerdings setzte die SPÖ noch am Montagabend auf zaghafte, offenkundig aber erfolglose Versuche, den selbstbewussten Unternehmer von seinem Schritt abzubringen. Denn, so wurde der Kleinen Zeitung auch bestätigt, hilfreich sei die Ankündigung des gut vernetzten Fußi nicht.
Kommentar: Der rote Stein des Weisen
Wie heikel derzeit die Situation für die SPÖ ist, war Babler nach seinem Gespräch bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen anzusehen. Der sonst nicht um Worte geizende Parteichef wirkte angespannt, sagte nur zwei inhaltsleere Sätze und verschwand wieder.
Weg der Erneuerung über die Regierungsbeteiligung
Die Erwartung der Partei ist seit den Gremiensitzungen nach der Wahl sehr klar: Babler soll die Roten nach zwei Perioden in Opposition wieder zurück in eine Regierung führen. Offen ist, wie hoch der Preis dafür sein darf. Die roten Linien dürften innerhalb der Partei unterschiedlich gezogen werden. Die Schmerzgrenze von Babler wird eine andere sein als jene etwa der Gewerkschafter.
Eine Regierungsbeteiligung hätte noch eine andere, für etliche hohe Funktionäre der Landesorganisationen durchaus erwünschte Nebenwirkung: Nur dann könnte um Babler (oder gar an ihm vorbei?) ein Team von Ministerinnen und Ministern aufgebaut werden, aus dem heraus der kommende Hoffnungsträger für Wahlen hervorgeht. Es wäre die geräuschlose Variante, mittelfristig die Parteispitze neu zu bestellen. Bleibt die SPÖ dagegen weiterhin in Opposition, wird an Babler – wie zuvor unter Pamela Rendi-Wagner – kein Weg vorbeiführen.
Kaum Chancen für Fußi
Fußi will schon jetzt und mit einem großen Tusch einen Wechsel an der Parteispitze erzwingen. Schon am Wahlabend schrieb er auf X: „Ein kompletter Neustart ist unabdingbar. Politisch und personell.“ Er könnte mit seinem Ansinnen aber vorerst das Gegenteil bewirken. Denn als möglicher Koalitionspartner für ÖVP und Neos in einer ohnehin schwierigen Dreier-Konstellation wird sich die SPÖ als stabile Partei präsentieren müssen.
Chancen werden Fußi zwar nicht eingeräumt, aber der PR-Mann hat genug Reichweite, um die SPÖ wieder in eine Dauerbeschäftigung mit sich selbst zu führen. Bisher hat sich aber noch niemand in der Partei an seine Seite gestellt. Auch nicht das Burgenland. „Wir sind nicht dabei. Wir wissen von nichts“, sagte Klubchef Roland Fürst am Dienstag bei einer Pressekonferenz. „Ich würde nicht sagen, dass es eine neue Obmanndebatte gibt, nur weil jemand ankündigt, kandidieren zu wollen.“