Nach jeder geschlagenen Nationalratswahl bietet die amtierende Regierung dem Bundespräsidenten ihren Rücktritt an. Den Usancen zufolge nimmt das Staatsoberhaupt das Angebot zwar an, im Gegenzug werden die Mitglieder der scheidenden Regierung, die Staatssekretäre sowie die leitenden Beamten mit der Fortführung der Amtsgeschäfte betraut.
Nach Informationen der Präsidentschaftskanzlei wird die türkis-grüne Regierung am Mittwoch in der Hofburg zu diesem Zweck aufkreuzen. Im Rahmen dieses Termins ist auch eine Rede des Bundespräsidenten geplant. Erst Anfang nächster Woche wird Van der Bellen die Spitzenkandidaten in der Reihenfolge der Wahlergebnisse einzeln in seinen Räumlichkeiten empfangen. Den Anfang macht FPÖ-Chef Herbert Kickl, den Schlusspunkt bildet Vizekanzler und Grünenchef Werner Kogler.
Die Verfassung sieht vor, dass der Bundespräsident innerhalb von 30 Tagen nach der Wahl den Nationalrat einberuft. Am 24. Oktober soll sich der Nationalrat neu konstituieren, dann muss ein neuer Nationalratspräsident gewählt werden.
In einer kurzen Ansprache am Wahlabend hat Van der Bellen bereits erste Eckpunkte für die Regierungsbildung verkündet. An die Adresse der FPÖ gerichtet, die den Kanzler stellen will, erklärte er: „Keine Partei allein hat den Sprung über die 50-Prozent-Latte geschafft. Also geht es darum, aufeinander zuzugehen, miteinander zu reden und zu verhandeln, um gute, beständige Kompromisse zu finden.“ Das werde schon eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen. „Und das ist sehr gut investierte Zeit.“ Voraussetzung für eine Regierungsbeteiligung sei das Bekenntnis zu den Grund- und Freiheitsrechten, zur Freiheit der Medien und zur EU-Mitgliedschaft.