Keller und Wohnzimmer unter Wasser, überflutete Eisenbahntunnel, Menschen, die nur noch mit Booten in Sicherheit gebracht werden konnten. Mitte September sorgten Unwetter mit enormen Regenmengen vor allem in Niederösterreich für dramatische Bilder – und spülten das Thema Klimaschutz zurück in den österreichischen Wahlkampf. 2019 war das Klimathema noch omnipräsent, zuletzt rückte es zugunsten etwa von Migration und Teuerung in den Hintergrund.

Doch nun stehen Menschen vor den verschlammten Trümmern ihrer Existenz, der Versicherungsverband rechnet mit Schäden in der Höhe von 700 Millionen Euro, alleine in Niederösterreich wurden laut „profil“ zumindest 650 Betriebe beschädigt. Bis alle Gleise der Weststrecke wieder befahrbar sind, werden mehrere Monate vergehen. Die Politik diskutiert also wieder über Hochwasserschutz, über Versicherungen und über Maßnahmen gegen den Klimawandel – denn dieser begünstigt Extremwetterereignisse aller Art.

CO₂-Steuer sorgte für Ärger

Während der zu Ende gehenden Legislaturperiode stand die Klimapolitik von Türkis-Grün immer wieder in der Kritik. Den einen gingen die gesetzten Maßnahmen zu weit, für Empörung bei SPÖ und FPÖ sorgte etwa die CO₂-Bepreisung, die ausgerechnet während der Teuerungswelle erhöht wurde. Die anderen orteten Versäumnisse: Umweltorganisationen bedauern etwa das Fehlen eines Klimaschutzgesetzes, das den Weg zur Klimaneutralität vorgibt, oder ein verbindliches Ziel, die Bodenversiegelung zu begrenzen. Fest steht, dass Österreich das EU-Ziel einhalten muss, CO₂-Emissionen bis 2030 im Vergleich zu 2005 um knapp die Hälfte zu reduzieren, sonst drohen ein Vertragsverletzungsverfahren und möglicherweise Strafzahlungen. Auf einen Plan, der der EU-Kommission darlegt, wie Österreich dieses Ziel erreichen will, konnten sich ÖVP und Grüne am Ende ihrer Regierungszusammenarbeit noch einigen.

Emissionen in Österreich 2022 und 2023 deutlich gesunken

Auch wenn Klimaschutz innerhalb der Koalition regelmäßig zum Zankapfel wurde, hat Österreich in den vergangenen Jahren messbare Fortschritte erzielt. 2022 und 2023 sind Österreichs Treibhausgas-Emissionen gesamt um rund 12 Prozent gesunken, neben den Maßnahmen der Politik hätten auch die hohen Energiepreise sowie – jedoch nur für ein Prozent verantwortlich – die milden Winter zu dieser Entwicklung beigetragen, erklärt Karl Steininger, Leiter des Wegener Centers der Uni Graz. Allerdings wäre 2022 aufgrund des starken Wirtschaftswachstums sogar ein Plus beim CO₂-Ausstoß zu erwarten gewesen, sagt Steininger. Man liege bei den Emissionen jetzt erstmals wieder auf dem Niveau von 1969, „da war man seither noch nie.“ Jetzt, wo die Energiepreise wieder gesunken sind, rechnet der Forscher mit weiteren, wenn auch weniger starken Rückgängen.

Allgemein sieht Steininger Österreich vor allem im Bereich Raumwärme auf einem guten Weg, hier hätten sich die Emissionen seit 1990 halbiert. Erreicht worden sei das etwa durch Förderungen von klimafreundlichen Heizungen. Eine Baustelle sei dagegen noch der Verkehrsbereich: Hier könnte die Politik etwa mit einer Reform des Pendlerpauschales gegensteuern, sodass es für die Anreise mit dem Auto nicht mehr Geld gibt als für das Pendeln per Bahn. Handlungsbedarf gebe es vor allem bei der Raumordnung; kompakt geplante Gemeinden seien eine Voraussetzung dafür, „dass man nicht angewiesen ist auf die motorisierte Mobilität“.

ÖVP: CO₂-Speicherung und grüner Verbrenner

Die ÖVP bekennt sich in ihrem Programm zu den Pariser Klimazielen. Erreichen wolle man das „mit Fortschritt und Innovation statt Ideologie und Rückschritten“ heißt es. Die Kanzlerpartei betont unter anderem die Ökologisierung des Verbrennungsmotors und den Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur, das Verbot, CO₂ zu speichern, soll aufgehoben werden. Auch die Sanierungsquote von Gebäuden soll steigen.

SPÖ: Mindestlebensdauer für Produkte

„CO₂-Neutralität ist alternativlos“ heißt es im SPÖ-Parteiprogramm, es brauche ein Klimaschutzgesetz, das den Weg dorthin vorzeichnet. Gesetze sollen verpflichtend auf ihre Auswirkungen auf das Klima geprüft werden. CO₂-Emissionen in der Industrie sollen sinken. Heizungstausch und klimaverträgliche Sanierungsmaßnahmen sollen gefördert werden. Für Produkte soll eine Mindestlebensdauer und Reparierbarkeit vorgegeben werden. Privatjets will die SPÖ verbieten.

FPÖ: Absage an den Green Deal

Die FPÖ fordert statt „ideologisiertem Klimaschutz“ „Umwelt- und Naturschutz durch eigenverantwortliches Handeln und neue Technologien“. CO₂-Speicherung soll etwa vorangetrieben, die CO₂-Bepreisung und der damit verknüpfte Klimabonus abgeschafft werden. Auch spricht sie sich gegen den Green Deal, dem Klimaschutzkonzept der EU-Kommission, aus. Sollten Strafzahlungen wegen verfehlter Klimaziele fällig werden, sollen diese nicht bezahlt, sondern das Geld in heimische Forschung investiert werden.

Grüne: Photovoltaik auf Dächern und über Parkplätzen

Die Grünen wollen einen „sozial gerechten Ausstieg“ aus fossilen Heizungen etwa mittels Förderungen forcieren, erneuerbare Energien und die Nutzung von Erdwärme sollen ausgebaut werden. Photovoltaikanlagen sollen auf Dächern gefördert, über großen Parkplätzen verpflichtend werden. Die Radinfrastruktur, Carsharing, Gütertransport auf der Schiene und der öffentliche Verkehr sollen ausgebaut werden, Kurzstreckenflüge reduziert und Privatjetflüge innerhalb Europas verboten werden. Das Steuerprivileg für Kerosin soll fallen, die LKW-Maut ausgeweitet werden. Die Raumordnung soll lebendige Ortskerne priorisieren, der Bodenverbrauch auf täglich 2,5 Hektar begrenzt werden.

Neos: Regionalförderung statt Pendlerpauschale

Die Neos betonen den Ausstieg aus fossilen Energiequellen, insbesondere Gas aus Russland. Steuerlich sollen „Umweltverschmutzung und klimaschädliches Verhalten stärker belastet“, Löhne und Einkommen entlastet werden. Einführen wollen die Neos ein jährliches „Treibhausgasbudget“, also ein Limit, wie viel CO₂ jährlich ausgestoßen werden darf. Das Pendlerpauschale soll durch ein „zielgerichtetes soziales Konzept zur Regionalförderung“ ersetzt werden. CO₂-Speicherung wollen die Neos erlauben.