Leonore Gewesslers Alleingang beim EU-Renaturierungsgesetz brachte der Umweltministerin im Juni eine Anzeige der ÖVP wegen Amtsmissbrauchs ein. Die grüne Politikerin war schon damals überzeugt davon, richtig und vor allem nicht rechtswidrig gehandelt zu haben. Dies bestätigt sich nun, denn die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat die Anzeige der Volkspartei bereits Anfang September zurückgelegt, wie der „Falter" am Freitagmorgen berichtet. Von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Gewessler wurde laut WKStA mangels Anfangsverdacht abgesehen.
Die Grünen verlangen von ihrem Koalitionspartner nun eine Entschuldigung. Diese wäre „bei einer Politik, die an einem wertschätzenden Miteinander arbeitet, angebracht“, sagte Generalsekretärin Olga Voglauer am Freitagvormittag bei einer Pressekonferenz. „Gute Politik weiß auch, wann sie sich im Ton vergriffen hat.“
Die ÖVP hatte die grüne Ministerin Leonore Gewessler aufgrund ihrer Zustimmung zum EU-Renaturierungsgesetz im Rat der EU-Umweltminister im Juni wegen Amtsmissbrauchs angezeigt. Zudem hatte die Kanzlerpartei eine Nichtigkeitsklage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die Entscheidung eingebracht. „Die Nichtigkeitsklage einzubringen bedeutet, dass sich Österreich auf europäischer Ebene blamieren wird“, meinte Voglauer.
ÖVP sieht politische Gründe für Zeitpunkt der Entscheidung
In einer Aussendung reagierte auch ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker auf die Entscheidung. „Wir nehmen die auffällig schnelle Zurücklegung der WKStA ohne Einleitung eines Ermittlungsverfahrens - im Monat vor der Nationalratswahl - zur Kenntnis.“ Die Rechtsansicht der ÖVP bleibe unverändert, Gewessler habe „Verfassungsrecht gebrochen und war nicht dazu ermächtigt, der Renaturierungsverordnung zuzustimmen.“ Stocker ortete politische Gründe hinter der Entscheidung der WKStA. „Auch die Kreutner-Kommission hielt in ihrem Bericht fest, dass Entscheidungen zu politisch bedeutsamen Zeitpunkten veröffentlicht werden“, heißt es in der Aussendung. Die Kommission um Martin Kreutner war von Justizministerin Alma Zadic (Grüne) eingesetzt worden, um die Arbeit der Justiz in der Amtszeit des mittlerweile verstorbenen Sektionschefs Christian Pilnacek zu untersuchen. Es sei „schon beachtlich, dass der ÖVP nichts Anderes einfällt, als wieder die unabhängige Justiz infrage zu stellen“, meinte dazu Voglauer.