Langsam wird die Zeit knapp, sehr knapp sogar. Mit 1. Jänner werden auf Anordnung des Verfassungsgerichtshofs die bestehenden Regeln für die Sicherstellung von mobilen Datenträgern aufgehoben. Seit Monaten verhandeln deshalb ÖVP und Grüne für eine verfassungskonforme Neuregelung, doch eine Einigung ist weiter nicht in Sicht.
Die Neuregelung der Handy-Sicherstellung wird sich vor der Nationalratssitzung am kommenden Mittwoch Woche nicht mehr ausgehen. Die aktuellen Verhandlungen seien noch nicht abgeschlossen und würden verlängert, wie es in einer gemeinsamen Stellungnahme aus dem Büro von Justizministerin Alma Zadic Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) heißt. Angestrebt werde weiterhin eine „fristgerechte Neuregelung“ bis 1. Jänner. Eine Lösung könnte also womöglich erst der neue Nationalrat beschließen, der am 29. September gewählt wird.
Edtstadler pocht auf Bedingungen
Die Verhandlungen seien „zuletzt konstruktiv und intensiv“ verlaufen, so die beiden Ministerinnen. Eine Beschlussfassung der Neuregelung der Sicherstellung von Daten und Datenträgern im September sei jedoch „aufgrund offener Fragen noch nicht möglich“. Ursprünglich hätte die Reparatur des Gesetzes bereits vor dem Sommer beschlossen werden sollen, doch Zadic verlängerte nach heftiger Kritik auch aus der Justiz die verkürzte Begutachtung. Anfang September leitete sie ihren Entwurf an die ÖVP weiter.
Edtstadler sagte am Donnerstag, die Verhandlungen seien „nicht gescheitert“. Man habe lediglich „keinen beschlussfähigen Entwurf vorliegen“. Den Grund für die Verzögerung sah die Ministerin beim Koalitionspartner. Sie hätte das Gesetz gerne schon im Juli beschlossen, die Grünen dann jedoch den „Rückwärtsgang eingelegt“. Aktuell sei „keine Lösung möglich“, sagte Edtstadler. Sie wolle sich strikt an die Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs halten. „Es muss ein konkreter Tatverdacht vorliegen“, so die ÖVP-Politikerin. Am Anfang müsse die Frage stehen: „Was sucht man?“ Zufallsfunde sollten laut Edtstadler aber auch verwertet werden dürfen. „Die Trennung in personeller Hinsicht von Aufbereitung und Auswertung muss sichergestellt sein“, sagte sie. Aktuell sei das aber „nicht der Fall“.
Umstritten ist, wer für die Aufbereitung der Daten aus den sichergestellten Datenträgern zuständig sein soll. Da der erste Entwurf dafür nur noch eine erst eigens zu schaffende eigene Organisationseinheit der Kriminalpolizei vorsah, befürchteten Staatsanwaltschaften und insbesondere die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eine Entmachtung. Größere praktische Bedeutung hatten aber auch Einwände, wonach die vorgesehenen Sicherstellungsregeln bei Gefahr im Verzug wenig praktikabel seien. Und auch die Frage, inwieweit Zufallsfunde weiter verwendet werden können, dürfte noch nicht endgültig geklärt sein und im Zusammenhang mit der Art der Datenaufbereitung und etwaigen Übermittlung der Ergebnisse an die Staatsanwaltschaft stehen.
Die Zeit wird knapp
Notwendig ist eine Neuregelung wegen des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), wonach die aktuelle Rechtslage zur Datenträger-Sicherstellung gegen das Recht auf Privatleben und das Datenschutzgesetz verstößt. Die entsprechenden Passagen werden deshalb Anfang 2025 aufgehoben. Dies betrifft nicht nur die Sicherstellung von Handys und anderer elektronischer Datenträger, sondern sämtliche Gegenstände. Ohne entsprechende Neuregelung dürften damit ab 1. Jänner gar keine Gegenstände mehr sichergestellt werden.
Wenn die Neuregelung nicht in der kommenden Woche erfolgt, wird die Zeit knapp. Theoretisch könnte zwar der Nationalrat auch nach der Wahl noch in alter Besetzung zu einer Sondersitzung zusammenkommen - das ist aber unwahrscheinlich. Die konstituierende Sitzung des neugewählten Nationalrats findet dann voraussichtlich am 24. Oktober statt. Da die Mehrheitsverhältnisse dann vermutlich anders aussehen, wären unter Umständen neue Allianzen möglich bzw. nötig. Sollte es wie geplant zu einer größeren Umstellung der bisherigen Verfahrensabläufe kommen, müssten anschließend auch noch bei der Kriminalpolizei bzw. justizintern entsprechende Maßnahmen getroffen werden.