„Ich esse nach 17 Uhr nichts, weil ich um vier Uhr früh aufstehe und sonst schlecht schlafe“, sagt Madeleine Petrovic und lehnt die für sie besorgte vegane Wurst dankend ab. Bei einem Wasser erzählt die ehemalige Grünen-Chefin, dass ihr Mann sie im Wahlkampf mit vegetarischem Essen versorgt, „ich krieg’ immer ein Lunchpaket mit ganz gesunden Sachen und ich esse es gern“.
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Wenig Begeisterung kommt auf, wenn sie über ihre ehemalige Partei spricht. „Der Regierungseintritt der Grünen war schon eine große Zäsur“, sagt sie heute, obwohl sie diesen ursprünglich befürwortet hat. „Es hätten die Kontakte zur Basis nicht vernachlässigt werden dürfen, und das ist doch passiert.“ Auch, dass die Grünen den Koalitionspartner ÖVP in Sachen Renaturierung aus türkiser Sicht „vorgeführt“ haben, beeindruckt Petrovic nur bedingt. „Unterm Strich haben wir eine wirklich politische Handschrift in Richtung Weltoffenheit und Grundrechte vermisst.“
Letztere hatte Petrovic in der Corona-Pandemie bedroht gesehen, eine Grußbotschaft für die impfkritische Partei MFG und das Bemühen mehrfach widerlegter Verschwörungstheorien hatten der ehemaligen Spitzenpolitikerin viel Kritik eingebracht. Warum das alles? Als Juristin habe sie die Impfpflichtüberlegungen für unmöglich gehalten, erklärt sie. Zudem kenne sie Menschen, denen es nach der Impfung bis heute schlecht gehe. „Und wenn man schon so einen katastrophalen Fehler macht, dann muss man es irgendwann erkennen und aussprechen“, sagt sie Richtung Regierung.
Dass niemand auf die Pandemie vorbereitet war, lässt Petrovic ebenso wenig gelten wie die Frage, ob sie die langsam zuwachsenden Gräben wieder aufreiße. „Viele warten ja noch darauf, dass man endlich diese erlösenden Worte spricht: Es war falsch.“ Dass mit der Debatte Hass geschürt wurde, der im Fall der Ärztin Lisa-Maria Kellermayr mit einem Todesfall geendet hat, sei natürlich schrecklich, aber: „Es hat auf allen Seiten Leute gegeben, die so gelitten haben, dass sie damit nicht mehr leben konnten“.
Dass die ehemalige Grüne Ansichten vertritt, die sonst nur FPÖ-Chef Herbert Kickl teilt, stört sie nicht. „Im Parlament entscheiden Mehrheiten und bei uns wird es niemals einen Klubzwang geben.“ Nur weil Kickl ähnliche Positionen vertritt, „werde ich meine nicht ändern“. Dass Petrovic für ihre ebenfalls ähnlichen Positionen zum Ukraine-Krieg als Putin-Freundin bezeichnet wurde, „stört mich sehr“, es sei auch nicht angebracht. Angesprochen auf ihre Empfehlung zu „gewaltlosem Widerstand nach dem Vorbild Tibets“ an die Ukraine, erklärt die Listengründerin, dass ja auch Mahatma Gandhi und Nelson Mandela nicht „lächerlich“ waren und mit ihrem Ansatz viel erreicht hätten. Es hätte auch mit Russland Möglichkeiten gegeben, an den Verhandlungstisch zu kommen.
In Sachen Klimaschutz hält Petrovic nichts vom „Angstschüren“, deshalb habe sie es „natürlich“ befürwortet, dass die Letzte Generation Österreich ihr Ende verkündet hat. „Wenn sich junge Menschen im Umweltschutz engagieren, finde ich das toll“, man solle den Leuten aber nicht „auf die Nerven gehen, auch wenn man's gut meint“. Es sei aber auch nicht richtig, die Aktivistinnen und Aktivisten nun gerichtlich zu verfolgen. Die Menschen würden zudem ohnehin wissen, „dass man die Welt nicht mit Elektroautos retten kann“. Sie selbst sei stets mit Klimaticket unterwegs, sagt sie, bevor sie sich im Anschluss an das Wurst-lose Gespräch auf den Weg zur Straßenbahnstation macht.