Die Bude des Würstelstandes „Zum scharfen René“ am Wiener Schwarzenbergplatz spendet spärlichen Schatten, als sich SPÖ-Chef Andreas Babler dort in der Mittagshitze zum Gespräch einfindet. Man finde ihn öfter an einem solchen Stand, gerade im Wahlkampf sei das eine zeitsparende Essensquelle, erklärt der Politiker. Nicht gespart hatte er wenige Tage zuvor mit scharfen Worten in Richtung FPÖ-Chef Herbert Kickl. Bei der ersten Elefantenrunde der Spitzenkandidaten in Salzburg setzte Babler auf die Frage, welche nette Worte er für Kickl finden würde, im Gegensatz zu den anderen Diskutanten auf Angriff. „Ich halte Sie für unser Land für brandgefährlich, und das sage ich Ihnen als Familienvater und Demokrat so ins Gesicht“, erklärte er.

„Shake it off“ und „klare Ansagen“ - das Video

Politisches Kalkül? Nein, sagt Babler nach einem ersten Bissen Wurst. „Politik ist ja kein Spiel, und gerade bei einer so grundsätzlichen Frage wie bei Herbert Kickl und der gesamten FPÖ“ müsse man klarmachen, „dass das eine gefährliche Entwicklung für unser Land nimmt.“ Kann man also menschlich gar nicht mehr miteinander? „Na überhaupt nicht, da geht's ja nicht um eine menschliche Frage, da geht's um die Republik. Und ich habe ein sehr starkes Bewusstsein, dass ich als Patriot auch wahnsinnig stolz bin auf Österreich.“ Hier müsse man „klar Flagge zeigen und wenn das andere vermissen lassen, ist das, glaube ich, auch ein Grund, warum man sich manchmal nicht auskennt“. Man müsse auf politischer Ebene freilich zusammenarbeiten und ein Gesprächsklima haben, aber bei so grundsätzlichen Fragen müsse man sich positionieren.

Dass Querschüsse aus den eigenen Reihen, wie unlängst an die Medien gespielte Kritik an seinem Wahlprogramm, das Gesprächsklima in der SPÖ nicht gerade verbessern, räumt ihr Parteichef ein. „Ich find's eine Frechheit, wenn man intern etwas schreibt und das dann raus gespielt wird. Das ist nicht lustig, aber das Ergebnis zwei Tage später war recht klar.“ Der SPÖ-Chef meint damit die rote Zustimmung zum Wahlprogramm. „Man darf nicht vergessen, dass wir die Partei geöffnet haben mit diesem Prozess“, er suche nun keine Schuldigen, sondern „ich arbeite jetzt mit voller Kraft und bin zuversichtlich, dass wir endlich mal Bedingungen verbessern nach so vielen Jahren“.

Hat die eigene Partei den Kontakt zur Basis, zum normalen Bürger und zur Bürgerin verloren? „Ich glaube, man hat an Politikanspruch verloren, es war immer die schnelle Analyse und das halte ich für relativ arrogant“, wonach sich viele Nichtwähler von der Politik verabschiedet hätten. „Ich sehe es anders: Ich glaube, dass sich die Politik von den Menschen und ihren Lebensrealitäten verabschiedet hat.“ Daran habe auch die SPÖ „eine kleine Verantwortung“, für die sich Babler „nicht unbewusst entschuldigt“ habe. So wolle er Menschen wieder für Politik gewinnen – „für das raufe ich“. Überrascht sei er über den Gegenwind aus den eigenen Reihen hingegen nicht.

Auf scharfe Gewürze zum Würstel verzichtet Babler im Gespräch, scharfen Widerspruch gibt es hingegen für den Vorhalt, wonach jene Wiener Familie, deren Mindestsicherungsbezug von monatlich 4.600 Euro für hitzige Debatten gesorgt hatte, mit einem von ihm propagierten Kindergrundsicherungsmodell 6.000 Euro beziehen würde. „Das ist grauslich, das war politische Propaganda auf Kosten der Kinder.“ Sein Modell sei ganz anders, verfolge ein ganzheitliches Konzept und bringe langfristig Geld in den Staatshaushalt. Die Debatte selbst verlaufe „wahnsinnig unmenschlich“ und „abartig“.

SPÖ-Chef Babler im Gespräch mit Innenpolitik-Redakteurin Traar
SPÖ-Chef Babler im Gespräch mit Innenpolitik-Redakteurin Traar © Christoph Kleinsasser

Hier den Podcast in voller Länge mit SPÖ-Chef Babler hören

Dass die Roten mit der Forderung nach Vermögens- und Erbschaftssteuern politisch allein dastehen, will Babler nicht glauben. Zur fixen Koalitionsbedingung sollen sie dennoch nicht werden, „meine Bedingung ist, dass das Leben leichter wird“. Wohin straffällige Asylwerber abgeschoben werden, soll hingegen nicht die Politik, sondern „Gerichte entscheiden, die sichere Herkunftsstaaten definieren“. In Afghanistan würden verurteilte Terroristen „wohl nicht ins Gefängnis gehen“ und vielleicht „drei Jahre später wieder da stehen würden“. „Dumpfe, hohle, hetzerische Phrasen“ würden die Migrationsdebatte dominieren, es geschehe zu wenig, was eine „Verhöhnung“ besorgter Menschen sei.

Eine solche wirft Babler auch der FPÖ vor. Dass er im Duell zwischen den Umfragen-stärksten Parteien ÖVP und FPÖ im Wahlkampf untergehen könnte, fürchtet der SPÖ-Chef nicht. Seit der Elefantenrunde sei klar, „dass das Duell Kickl-Babler ist“.