Zum Ende des vergangenen Schuljahrs mehrten sich die Stimmen verzweifelter Lehrerinnen und Lehrer - besonders aus Wien -, die über die teils katastrophalen Zustände an den Schulen berichteten. Vor allem der Umgang mit Schülerinnen und Schülern muslimischen Glaubens sei für viele Pädagogen eine Herausforderung. Was muss sich ändern, darüber debattierte Margit Laufer in der ZiB2 mit Schuldirektor und ÖVP-Politiker Christian Klar und dem Ex-Wiener Bildungsdirektor (SPÖ) Heinrich Himmer.
Der Islam ist ein tägliches Thema an Wiener Schulen
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache, das Schulsystem steht unter Druck. Österreichweit sind zwar die meisten Kinder katholisch (79 Prozent), gefolgt von der Gruppe von Schülern muslimischen Glaubens 13,4 Prozent. In Wien zeigt sich ein anderes Bild, hier gehört inzwischen die Mehrheit der Schüler dem Islam an. Das bringt im Schulalltag große Herausforderungen mit sich, wie Christian Klar bestätigt. „Der Islam ist ein tägliches Thema, egal ob beim Essen, beim Umgang mit ‚Andersgläubigen‘ oder beim Tragen des Kopftuchs“, schildert Klar seine Erlebnisse aus dem Schulalltag.
Der ehemalige Bildungsdirektor fordert: „Wir müssen alle Kinder vor Extremismus schützen, damit sie nicht auf die extremistische Bahn geraten.“ Es sei daher wichtig, Kindern die Werte zu vermitteln, dass sie ein selbstbestimmtes und glückliches Leben führen können.
Christian Klar machte aber auch deutlich, dass er sich von der Politik alleingelassen fühle. „Wir müssen selbstbewusster für unsere westlichen und liberalen Werte eintreten. Grenzen müssen deutlicher kommuniziert werden, wir dürfen kein falsches Verständnis für die Täter aufbringen.“ Die Politik sieht Klar an anderer Stelle in der Pflicht. Diese müsse ganz klar Stellung zu den westlichen, liberalen Werten beziehen, damit viele Fragen nicht bei den Schulleitern landen, die keine Antworten auf diese Fragen geben könnten. Aus der Praxis nannte er die Frage nach Gebetsräumen an Schulen. „Die Botschaft in der Bevölkerung muss klar sein, etwa dass es in österreichischen staatlichen Schulen keine Gebetsräume gibt.“
„Wir haben die veränderte Welt noch nicht mitgenommen“
Himmer ergänzte: „Wir leben in einem Land mit Religionsfreiheit, der Rechtsstaat, die Demokratie muss immer an erster Stelle stehen und rechtsstaatliche Prinzipien sind unabhängig von der Religionszugehörigkeit anzuwenden“. Er kritisiert, dass es für viele Leistungen, etwa Orientierungsklassen oder die kulturelle Integration von geflüchteten Kindern und Jugendlichen keine bildungspolitischen Vorgaben gebe. „Hier müssen wir uns weiterentwickeln. Wir haben die veränderte Welt noch nicht mitgenommen.“ Und weiter: „Es braucht eine Schule, die das Kind in den Mittelpunkt stellt - und unabhängig von Glaube und Herkunft allen die gleiche Chance gibt“.
Christian Klar betonte aber auch, dass man nicht alle Muslime über einen Kamm scheren dürfe und forderte: „Wir müssen uns mit der islamischen Lehre auseinandersetzen, um zu wissen, worum es eigentlich geht“. Gerade, um den konservativen Background vieler Muslime zu verstehen. So ließen sich auch die vielen Widersprüche in der islamischen Lehre zu Menschenrechten und den liberalen Werten aufzeigen. „Hier wäre es ganz wichtig aufzuzeigen, diese Dinge fallen nicht unter Religionsfreiheit, weil sie in unserer liberalen, demokratischen Welt nicht vorgesehen sind.“
Auch brauche es mehr Opfer- und weniger Täterschutz, so Klar. Systemsprengern im extremistischen oder islamiostischen Kontext müssten ganz klar Grenzen aufgezeigt werden. „Die eigene Religionsfreiheit darf die Religionsfreiheit der anderen nicht einschränken. Hier müssen wir mehr Haltung zeigen.“