In der Straßenbahn zum Linzer Ars Electronica Center schlägt der Sommer zu. Die Klimaanlage hat aufgegeben, die kurze Fahrt dauert ewig. Zwei vergnügte Damen, von Kopf bis Fuß in Rot gekleidet, stört das wenig. Die Vorfreude auf den roten Wahlauftakt ist größer. „Vielleicht gibt uns der Andi Babler was zum Trinken“, sagt und fragt die eine. „Ich brauch‘ nichts zu trinken, ich will ein Busserl“. Mit dem neuen SPÖ-Chef erlebe sie den dritten Frühling. Nicht den zweiten? „Der ist schon lang vorbei“.

Der Platz vor dem Ars Electronica Center ist schon eine Stunde vor der Rede Bablers gesteckt voll mit rund 1000 Menschen. Die Irritationen der Vorwoche, bei denen bekanntlich Linz keine unwesentliche Rolle gespielt hat, haben sich nicht ausgewirkt. Die SPÖ kann schon auch diszipliniert sein, wenngleich die Abwesenheit einiger Landesparteichefs, darunter auch Kärntens Peter Kaiser und Steiermarks Anton Lang, die eine oder andere Frage aufwirft.

Auch Wiens Bürgermeister Michael Ludwig reiste mit der Wiener Spitzenkandidatin Doris Bures an
Auch Wiens Bürgermeister Michael Ludwig reiste mit der Wiener Spitzenkandidatin Doris Bures an © APA / Roland Schlager

Stille Reserven der Partei aktivieren

Andererseits, die Veranstaltung war weniger Parteitag, sondern bedeutender Markstein in einem Wahlkampf, den die SPÖ diesmal anders anlegt als sonst. Die „Initiative Mitmachen“, die sich bei der Kandidatur Bablers um den SPÖ-Vorsitz vor einem Jahr formierte, setzt auf Mobilisierungsaktionen via Telefon, Social Media und Hausbesuchen. Das Ziel ist auch, die stillen Reserven in der Partei zu aktivieren. Nach wie vor kann die SPÖ auf eine weit verzweigte Struktur zurückgreifen.

In Oberösterreich, so wird der Kleinen Zeitung berichtet, habe die SPÖ allein in den vergangenen drei Wochen 1000 neue Mitglieder geworben. Es gibt sie also schon, die Begeisterungsfähigkeit, die ein implizites Versprechen Bablers war. Die offene Frage ist jene nach der Quantität. Darüber wird der 29. September richten.

Skeptische Zuhörer

Ein Ehepaar aus Alkoven, rund 20 Kilometer von Linz entfernt, ist skeptisch. „Wir werden Dritte“, sagen sie beide. Babler sind sie durchaus zugetan, aber ohne jene Begeisterung der beiden Damen aus der Straßenbahn. Was muss passieren, damit es doch besser als Platz drei wird? „Einheit wäre nicht schlecht“, sagt die Ehefrau und schüttelt dazu den Kopf.

Der Wahlkampfauftakt sollte Einheit zumindest darstellen. Auch Doris Bures, die Kritik am Programm geübt hatte, war nach Linz gekommen. Und dass sogar das Burgenland durch Ex-Minister Norbert Darabos vertreten war, ist fast schon als Sensation zu werten. Es sollte wohl auch eine Art Motivationsseminar sein, um die letzten Wochen vor der Wahl einzuläuten. Auf Tafeln, die zu Hunderten verteilt wurden, stand ein von den US-Demokraten entlehnter Spruch: „Wenn wir kämpfen, gewinnen wir“.

Konflikte wurden nur gestreift

Babler erschien, wie immer, zu den Klängen von Red Hot Chili Peppers „Can’t Stop“. Es wird noch viele Wahlauftritte geben, nach dem 29. September wird er die Nummer nie mehr wieder hören können. Auch seine Rede, rund eine Stunde, hat er in Linz nicht zum ersten Mal gehalten. In Wirklichkeit hat der Wahlkampf schon längst begonnen. Der SPÖ-Chef bereist seit Wochen das Land.

Es war eine programmatische Rede, eine emotionalisierende Tour d‘Horizon durch das gesamte Programm vom Kampf gegen die Kinderarmut über das Gesundheitssystem bis zur Asylfrage. Nicht alle Anwesenden hingen dem Parteichef bis zum Ende der Rede an den Lippen. Vielleicht haben sie diese auch schon öfter gehört. Bei der Vermögenssteuer, gegen Ende der Rede, die er inmitten der Besucher hielt, waren aber alle wieder dabei. Die Millionärssteuer erhielt den größten Jubel.

Die Konflikte der Vorwoche streifte Babler nur in einem Nebensatz. Alles andere wäre bei dieser Veranstaltung aber auch Selbstbeschädigung gewesen. Bei Querschüssen müsse man klare Worte finden, aber im Wahlkampf „gehen wir jetzt geeint“. Und er versprach: „Wir werden Österreich überraschen.“