Verschiedene Stimmen aus christlichen Kirchen stoßen sich an der FPÖ und ihrem Wahlslogan „Euer Wille geschehe“. Im Interview mit „Kathpress“ sagte der Generalsekretär der katholischen Bischofskonferenz, Peter Schipka, am Donnerstag: „Dieser Satz spielt mit einem Zitat aus der Bibel, und noch dazu mit dem wichtigsten Gebet, das Christinnen und Christen kennen.“ Das zeuge von fehlender Wertschätzung. Für das „Bündnis Demokratie und Respekt“ sind die Freiheitlichen „unwählbar“.
Schipka hielt im Interview fest: „Leider kommt so etwas im wirtschaftlichen und politischen Marketing immer wieder vor. Wer das tut, dem muss bewusst sein, dass er mit etwas spielt, das Menschen heilig ist und damit diesen Menschen nicht die Wertschätzung entgegenbringt, die sie verdienen.“
Anspielung auf das Vaterunser
Laut dem „Bündnis Demokratie und Respekt“ sind Christentum und Rechtsextremismus nicht vereinbar. Die FPÖ sei deshalb „unwählbar“, hieß es bei einem Medientermin am Donnerstag in Wien. Ökonom und Bündnissprecher Stephan Schulmeister machte seinen Standpunkt deutlich: „Beide Weltanschauungen widersprechen sich fundamental.“ Besorgt stimmte ihn die Verwendung christlicher Begriffe auf FPÖ-Plakaten. Parteichef Herbert Kickl habe sich zuletzt „verändert“, so Schulmeister.
Mit „unterschiedlichen Gesichtern“ würde Kickl um Zuneigung werben. Schulmeister verwies auf dessen frühere Aussagen, die Zuschreibung rechtsextrem „wie einen Orden“ tragen zu wollen. In den letzten Wochen zeige sich Kickl aber „sanfter und christlicher“. Auch der Bündnissprecher kritisierte den Plakatslogan „Euer Wille geschehe“ als Anspielung auf das Vaterunser.
„Völkischer Nationalismus und Christentum unvereinbar“
Schulmeister zitierte eine Erklärung der deutschen Bischofskonferenz, wonach völkischer Nationalismus und Christentum unvereinbar seien. Universelle Menschenrechte würden etwa von Rechten abgelehnt. Ähnliche Widersprüche erkennt das Bündnis auch bei der Haltung zur Klimakrise, zur EU und zu Frauenrechten. Die Kirche sei zwar „keine Vorfeldorganisation des Feminismus“, bemerkte Schulmeister, der Grundsatz der Gleichheit werde aber dennoch hochgehalten.
Die frühere evangelische Pfarrerin und Gründerin der „Omas gegen Rechts“ Monika Salzer betonte die „Vernunft und Wahrung von Werten“ in den Kirchen. Kräfte wie die FPÖ würden hingegen den „gesellschaftlichen Frieden infrage stellen“. Salzer: „Kickl will die Verfassung aushebeln.“ Geprägt von der Nachkriegszeit, habe sie das Gefühl, auf die Straße gehen zu müssen. Denn: „Rechtsextreme kennen keine Grenzen.“
FPÖ-Rhetorik „schamlos und menschenverachtend“
Ferdinand Kaineder, Präsident der Katholischen Aktion Österreich, formulierte als zentrales Anliegen das „Wachrütteln der Gewissen“. Die Menschen sollten ihr „Denken einschalten“. Es dürfe nicht bei „frommen Gebeten“ bleiben, wenn demokratische Grundlagen auf dem Spiel stünden. Auch Kaineder sprach von einem Widerspruch zum Rechtsextremismus und stellte klar: „Das geht sich mit dem christlichen Menschenbild nicht aus.“
Den Wert der menschlichen Würde betonte der Theologe Karl Immervoll. Sie sei für Christen „unantastbar“, sagte er. Problematisch seien nicht andere Meinungen, sondern das Überschreitung von „roten Linien“, wie etwa durch diffamierende Sprache. Die Rhetorik der FPÖ bezeichnete Immervoll als „schamlos und menschenverachtend“.
Religion muss „Eckpunkte für Orientierung“ geben
Pastoraltheologe Paul Zulehner ortete eine Ambilvalenz in jeder Religion. Sie sei keine politische Partei, müssen aber „Eckpunkte für Orientierung“ geben. Vehement sprach sich Zulehner gegen den Missbrauch von Religion „für Gewalt“ aus. Mit Blick auf die FPÖ müsse man sich auch fragen, warum sie so viel Zustimmung bekäme.
Auf Nachfrage hieß es, die Kriterien des Bündnisses würden auch für andere Parteien gelten. Laut Sprecher Schulmeister könne man mittels der veröffentlichten Unterlagen „jeden Punkt prüfen“. Monika Salzer bezeichnete etwa das Verhalten der ÖVP in den letzten Jahren als „unerträglich“.
Verwendung von Vaterunser-Zeile „nicht ‚nur‘ Blasphemie“
„Demokratie und Respekt“ wurde heuer als Verein gegründet, um insbesondere eine Regierungsbeteiligung der FPÖ zu verhindern.
Schwere Geschütze fuhr die Wiener Theologin Regina Polak in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung „Die Furche“ auf. Wenn die FPÖ Slogans in Anlehnung an das Vaterunser-Gebet plakatiert, sei das nicht „nur“ Blasphemie, so Polak: „Es ist die zynisch-spottende, nichts und niemanden ernst nehmende Ankündigung eines politischen Projektes zur Zerstörung der liberalen, menschenrechtsbasierten Demokratie und ihrer Institutionen.“