Seit zwei Wochen ist jener Gesetzesentwurf in Begutachtung, der dem Staatsschutz die Möglichkeit einräumen soll, verschlüsselte Nachrichten mitlesen zu können. Omar Haijawi-Pirchner, Chef der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), hat in der „ZiB 2“ am Dienstag diese Ermittlungsmaßnahme noch einmal als „erforderlich“ bezeichnet.
Ein Beschluss noch vor der Nationalratswahl wird aber nicht angestrebt. Die Begutachtung läuft noch bis zum 25. September, vier Tage vor dem Urnengang. Bis dahin können Institutionen, aber auch Bürgerinnen und Bürger eine Stellungnahme zum Entwurf abgeben. Bisher sind 26 solcher Schreiben eingelangt, darunter auch eine von Susanne Reindl-Krauskopf, Leiterin des Instituts für Strafrecht und Kriminologie der Universität Wien.
Vorerst nur für Staatsschutz vorgesehen
Die Juristin begrüßt den Entwurf und die Erweiterung der Ermittlungsmaßnahmen. „Dass anders als in anderen rechtsstaatlichen Demokratien keine Möglichkeit besteht, zumindest in schwerwiegenden Einzelfällen nach richterlicher Bewilligung und unter begleitender wie nachprüfender Kontrolle anlassbezogen auf Kommunikationsinhalte zuzugreifen, um Verbrechen vorzubeugen und begangene Taten aufzuklären, ist schwer nachvollziehbar“, schreibt Reindl-Krauskopf.
Die Strafrechtlerin wünscht sich auch eine solche Regelung in der Strafprozessordnung. „Wünschenswert wäre es, eine entsprechende Regelung auch in der StPO vorzusehen, um bei der Strafaufklärung ebenfalls auf dieses wichtige Erhebungsinstrument zurückgreifen zu können“, schreibt sie. Dies dürfte auch ursprünglich der Plan gewesen sein, zumindest in sehr schwerwiegenden Fällen, doch dazu hätte es eines Mitwirkens des grünen Justizministeriums bedurft, das für die Legistik der Strafprozessordnung zuständig ist. Mangels Einigung hatte das Innenministerium „seinen“ Teil isoliert in Begutachtung geschickt.
„Kein haltbarer Zustand“
Auch Reindl-Krauskopfs Kollege Farsam Salimi, ebenfalls an der Uni Wien tätig, sieht in seiner Stellungnahme die Ausweitung auf die StPO angezeigt. Zwar könnten sich Täter auch dieser neuen Befugnis entziehen, schreibt Salimi, „die Erfahrungen der Praxis zeigen aber, dass es gerade Nachlässigkeiten und Fehler der Zielpersonen sind, die wichtige Ermittlungsergebnisse liefern“.
Dass Österreich heute von „Überwachungsergebnissen ausländischer Sicherheitsbehörden“ abhängig sei, sieht Salimi als „nicht haltbaren Zustand“ an, da damit die Verantwortung für die innere Sicherheit an ausländische Sicherheitsbehörden übertragen werden würde. „Dieser Zustand ist auch aus grundrechtlicher Sicht höchst problematisch, weil diese Überwachungen gänzlich außerhalb des österreichischen Rechtsrahmens und daher ohne Rechtsschutzmöglichkeiten für die Betroffenen erfolgen.“
Dass für diesen Eingriff in die Privatsphäre eine hohe rechtliche Hürde bestehen muss, greifen beide Strafrechtler in ihrer Antwort auf. „Befürchtungen, dass damit eine massenhafte Überwachung auch im Bagatellbereich stattfinden könnte, sind unbegründet“, schreibt Salimi. DSN-Chef Haijawi-Pirchner hatte in der „ZiB 2“ von 10 bis 20 Fällen gesprochen, die der Staatsschutz pro Jahr erwartet.