Die ÖVP hat am Montag ein weiteres Kapitel aus ihrem Wahlprogramm präsentiert. Das Gesamtwerk soll dann bis zum 7. September vorliegen, wobei große Abweichungen zum „Österreichplan“ aus dem Jänner nicht zu erwarten sind. Von den nun vorgestellten Forderungen im Bereich Wirtschaft und Steuern war nur eine neu: eine deutliche Absenkung von Unternehmenssteuern zur Förderung von Ansiedlungen ausländischer Betriebe.

An der Seite von Wirtschaftsbund-Präsident Harald Mahrer und ÖAAB-Obmann August Wöginger sprach sich ÖVP-Parteichef und Kanzler Karl Nehammer für ein eigenes Standortförderungsgesetz aus. Mit steuerlichen Anreizen will man damit mehr Unternehmen von außerhalb der EU in Österreich ansiedeln. Mahrer präzisierte dies: Auf Zeit soll für diese Unternehmen die Körperschaftssteuer (KöSt) von aktuell 23 Prozent auf bis zu 15 Prozent sinken. „Wir müssen weg von der Gießkannenförderung und hin zu steuerlichen Entlastungen kommen“, sagte Mahrer.

Steuerwettbewerb light

Unter der Kanzlerschaft Sebastian Kurz hatte die ÖVP die zumeist von Irland aus operierenden Online-Riesen wie Google und Meta (Facebook) noch mit einer eigenen Digitalsteuer stärker zur Kasse bitten wollen, nun will die Volkspartei auch um derartige Konzerne buhlen. Man müsse die Steuersätze in anderen Ländern „evaluieren“, sagte Mahrer, darauf müsse man dann reagieren. „Aber es muss kein knallharter Steuerwettbewerb sein.“ Das Gesetz soll auch einen Mechanismus beinhalten, wonach die Unternehmenssteuern in Österreich stets um 0,5 Prozent unter dem EU-Schnitt liegen sollen.

Der ÖVP schweben auch Steuersenkungen für Arbeitnehmer vor. Einerseits sollen Lohnnebenkosten gesenkt werden, andererseits der Eingangssteuersatz von 20 auf 15 Prozent gesenkt und jener von 48 Prozent für Gutverdiener gänzlich gestrichen werden. Das soll Geringverdiener unterstützen sowie jene, die maßgeblich das System der Umverteilung tragen. Alle Vollzeitbeschäftigten sollen zudem 1000 Euro über die Arbeitnehmerveranlagung als Bonus erhalten, Überstunden gänzlich steuerfrei gestellt werden.

Auch Beschäftigte sollen weniger Steuern zahlen

Was diese vorgeschlagenen Maßnahmen kosten, legte die ÖVP am Montag nicht vor. Das Standortförderungsgesetz sei aber aufkommensneutral, weil es sich nur um steuerliche Gutschriften für Unternehmen handelt, die sich sonst nicht in Österreich ansiedeln würden, erklärte Mahrer. Hinsichtlich der Lohn- und Einkommensteuer sagte Nehammer, dass es zwar paradox klinge, aber durch Steuersenkungen würde man sogar mehr Steuereinnahmen lukrieren. Der Kanzler verwies auf Entlastungen in dieser Legislaturperiode bei gleichzeitig steigenden Lohnsteuereinnahmen.

Tatsächlich waren im Jahr 2021 rund 30,1 Milliarden Euro in die Staatskasse geflossen, im Vorjahr dann 33,3 Milliarden Euro ­– ein Anstieg von mehr als drei Milliarden Euro. Allerdings ist die Geldentwertung in dieser Zeit durch die hohe Inflation erheblich gewesen, wodurch der Staat real, also kaufkraftbereinigt, um rund zwei Milliarden Euro weniger eingenommen hat. Nach der Wahl will Nehammer das Steuersystem überhaupt neu denken. Ob es da auch ein Aus für die CO₂-Steuer geben könnte, beantwortete der Kanzler ausweichend. „Man muss den Blick ständig weiten“, so der ÖVP-Chef. „Ich bin ein großer Fan neuer Technologien, etwa zur Einspeicherung von CO₂. Wir müssen CO₂ auch als Ressource nutzen.“