Die Grünen versuchen es mit Zuversicht. „Wähl, als gäb‘s ein Morgen“ ist der Titel des Programms für die Nationalratswahl, das der kleine Regierungspartner am Freitag präsentiert hat. Kernthema ist auf den gut 100 Seiten – wenig überraschend – der Klimaschutz. Die Grünen seien die einzige Partei, die hier etwas weiterbringen würde, lautet die Botschaft. Die ÖVP sehe „am Horizont zwei Fahrspuren als Vision“, sagt Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, auch die SPÖ sei in altem Denken verhaftet, die Freiheitlichen sowieso.

Auf die eigene Klimabilanz ist man indes stolz: In vergangenen zwei Jahren seien schädliche Emissionen um elf Prozent gesunken, betont Gewessler. Nun müsse weiterhin die Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern sowie „Ölscheichs und Gasdespoten“ forciert werden, ebenso der Tausch von Öl- und Gasheizungen. Für Mieterinnen und Mieter schwebt den Grünen ein „Recht auf klimafreundliche Wärme“ vor. Vizekanzler Kogler erklärt später, man könne im Mietrecht etwa Abschläge für den Vermieter festschreiben, „wenn auf Jahre nicht absehbar ist, dass fossile Heizung getauscht wird.“ Vor allem wolle man aber auf Förderungen setzen, die die Abkehr von fossilen Brennstoffen attraktiv machen sollen.

Günstige Züge statt Privatjets

Im Verkehrsbereich wollen die Grünen den Ausbau des öffentlichen Verkehrs weiter forcieren, das Gratis-Klimaticket für 18-Jährige soll bleiben, für Schülerinnen, Schüler und Lehrlinge strebt man Vergünstigungen an. Auf europäischer Ebene setze man sich für einen „Europa-Tarif“ ein, zwischen europäischen Hauptstädten soll der Bahnkilometer demnach höchstens zehn Cent kosten. Auch Nachtzüge sollen ausgebaut werden. „Was Frankfurt für die Finanz ist, soll der Wiener Hauptbahnhof für die Schiene sein“, meint Gewessler. Flüge mit Privatjets innerhalb Europas sollen indes verboten, Kurzstreckenflüge reduziert werden.

Kogler betont die „Modernisierung und Ökologisierung“ der heimischen Wirtschaft und Industrie. Es müsse Schluss sein „mit dem Widerspruch, dass wir Wohlstand für Menschen nur mit Naturzerstörung erreichen können.“ Auch Bodenschutz ist dem Vizekanzler ein Anliegen. „Wir müssen den Wahnsinn stoppen, dass wir Zentren aussterben lassen, aber am Rand auf grünen Wiesen und fruchtbaren Äckern Betonkisten hinstellen.“ Mittels Raumplanung wolle man hier gegensteuern. Auch wiederholt er die grüne Forderung, „Parkplätze, die noch größer sind als die Betonschachteln“, mit Solarzellen zu überdachen.

„Ein Hamburger von McDonalds ist keine Option“

Justizministerin Alma Zadić, die selbst gerade ihr zweites Kind erwartet, präsentiert den zweiten großen Themenkomplex: Kinder. Um Armut zu bekämpfen, brauche es eine Kindergrundsicherung, betont die Juristin, auch eine tägliche warme und gesunde Mahlzeit müsste jedem Kind kostenlos zur Verfügung gestellt werden. „Ein Hamburger von McDonalds ist keine Option“, gibt es mit der Anspielung auf einen Sager von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) auch von Zadić einen Seitenhieb in Richtung Koalitionspartner. Außerdem stellen die Grünen eine „Kindergartenoffensive“ in Aussicht, 50.000 zusätzliche Betreuungsplätze für unter Dreijährige sollen innerhalb von fünf Jahren entstehen. Auch ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem ersten Geburtstag wird gefordert. Der Ausbau von ganztägigen Schul- und Betreuungsplätzen sei zentral, um eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen, erklärt Zadić. So sollen auch Einkommens- und Pensionsunterschiede zwischen den Geschlechtern bekämpft werden.

Nicht festlegen wollen sich die grünen Granden am Freitag auf ein Wahlziel, die Hoffnungen des Juniorpartners sind jedenfalls auf eine neuerliche Regierungsbeteiligung gerichtet. Bei neuen Kleinparteien wie die Bierpartei und die Liste von Ex-Grünenchefin Madeleine Petrovic „hätte ich noch nichts entdeckt“, was den Grünen in Sachen Klimaschutz Konkurrenz machen würde, gibt sich Kolger gelassen. „Wenn man genau hinschaut, überschneiden sich manche eher mit den Blauen als mit uns.“