Christine Mayrhuber, die seit April Vorsitzende der Alterssicherungskommission ist, gehört nicht zu jenen, die das heimische Pensionssystem als knapp vor dem Zusammenbruch verorten. In der Debatte über eine Erhöhung des Antrittsalters war die Wifo-Ökonomin bisher stets sehr zurückhaltend – was ihr unter anderem Kritik der Neos einbrachte. Im „Standard“ vom Donnerstag spricht sich Mayrhuber nun doch für eine Anhebung auf 67 Jahre aus. „Die nächste Regierung muss das Problem unbedingt anpacken.“

Das klingt doch anders, als Mayrhuber bisher argumentierte. Kurz nach ihrer Bestellung im April hatte die Pensionsexpertin im Interview mit der Kleinen Zeitung noch auf die gerade beginnende Angleichung des Frauenpensionsantrittsalters verwiesen, die erst im Jahr 2034 abgeschlossen sein wird. Das ist in zehn Jahren. „Wenn wir über ein anderes Pensionsantrittsalter reden, das eine wichtige Stellschraube ist, sollte man erst nach diesem Zeitraum damit beginnen“, sagte sie damals. Gab es seither einen Sinneswandel?

Zwei Monate länger pro Jahr

Nein, sagt Mayrhuber, am Donnerstag zur Kleinen Zeitung. Solange die Anhebung des gesetzlichen Antrittsalters bei Frauen auf 65 Jahre noch laufe, könne es keine weitere Anpassung geben. Und auch danach, also nach 2034, soll das Antrittsalter nicht in so großen Schritten erfolgen wie derzeit bei den Frauen – pro Jahr ein halbes Jahr länger. „Zwei Monate pro Jahr wären aber ein gangbarer Weg“, sagt Mayrhuber. Damit wäre die Anhebung auf 67 Jahre erst im Jahr 2045 erreicht.

Der Hintergrund der Debatte: Seit 1970 ist die Lebenserwartung bei Geburt bei Männern um 12,6 Jahre, bei Frauen um 10,4 Jahre gestiegen. Andere Stellschrauben im heimischen Umlagesystem gelten dagegen als weitgehend ausgeschöpft. Bei den Abgaben der Arbeitnehmer und Arbeitgeber an die Pensionsversicherung wird nur eine mögliche Absenkung diskutiert, nicht deren Erhöhung. Pensionskürzungen sind wiederum politisch unpopulär, in einer alternden Gesellschaft aber auch volkswirtschaftlich von Bedeutung. Wenn ein Viertel der Bevölkerung das Einkommen lediglich aus einer Pension bezieht, ist deren Höhe für den Privatkonsum in Österreich und damit für das Wirtschaftswachstum von Relevanz.

30 Prozent aller Steuereinnahmen fließen in die Pensionen

Die Inflation samt entsprechender Anpassungen hat den budgetären Druck binnen kurzer Zeit erhöht. Flossen 2019 noch 25 Prozent der staatlichen Steuereinnahmen als Zuschuss in das Pensionssystem, werden es im kommenden Jahr bereits 30 Prozent sein. Entsprechend enger muss der Gürtel dann in anderen Ressorts und bei Investitionen geschnallt werden. Darum sagt Mayrhuber, dass eine „unglaubliche Anstrengung“ nötig sei, die Pensionen im finanzierbaren Rahmen zu halten und drängt auf eine Debatte schon in der kommenden Legislaturperiode.

Im April in der Kleinen Zeitung ging Mayrhuber auf eine Problematik eines höheren Antrittsalters ein: Die Lebenserwartung unterscheidet sich zum Teil sehr stark, abhängig von Bildung und Einkommen. „Bei diesen Unterschieden kann man nicht nur einen einzigen Faktor anwenden, sonst produziere ich soziale Verwerfungen“, so die Expertin im April. Damals schlug sie auch vor, die Korridorpension zu belassen und möglicherweise an den Abschlägen bei früherem Antritt zu schrauben. Das bestätigt sie nun auch im „Standard“. Demnach sollten 45 Arbeitsjahre, wenn auch mit Einbußen, für den Pensionsantritt reichen.