Nach wiederholter Kritik an den großzügigeren Regelungen in Wien präsentiert die ÖVP am Donnerstag ihre Vorstellungen zu einer Reform der Sozialhilfe. Im Zentrum steht dabei die bekannte Forderung, die Sozialhilfe in voller Höhe erst nach fünf Jahren rechtmäßigen Aufenthalts auszubezahlen. Für Asylberechtigte soll diese Frist erst mit der Zuerkennung des Schutzstatus anlaufen, präzisiert die ÖVP in ihrem aktuellen Papier.

Wer sich kürzer als fünf Jahre in Österreich aufgehalten hat, soll demnach nur die Hälfte des Betrages erhalten. In Kombination mit Sachleistungen soll dennoch eine „menschenwürdige Lebensführung“ möglich sein, schreibt die ÖVP. Wer „Engagement“ zeigt, indem er etwa Praktika absolviert oder Freiwilligenarbeit leistet, soll die Wartezeit auf die volle Sozialhilfe verkürzen können. Derzeit beträgt die Höhe der Sozialhilfe für eine alleinlebende Person 1156 Euro.

ÖVP kritisiert Wiener Mindestsicherung

Diese Regelung sollte „für alle“ gelten, erklärt Stocker am Donnerstag, also sowohl für österreichische Staatsangehörige, die davor im Ausland gelebt hatten, als auch für EU-Bürger und Drittstaatsangehörige. Somit sollte die Regelung nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz in der Verfassung verstoßen, befand Stocker.

Die ÖVP-Forderung nach der fünfjährigen Wartefrist auf Sozialleistungen ist nicht neu. Schon im vergangenen Jahr präsentierte Integrationsministerin Susanne Raab einen entsprechenden Vorschlag. Experten sahen damals allerdings wenig Spielraum für Verschärfungen. Wie lange ein Österreicher zuvor im Ausland gelebt haben muss, um unter die vorgeschlagene Regelung zu fallen, wollte die ÖVP am Donnerstag nicht präzisieren. Auf Menschen, die ein Auslandssemester oder -praktikum absolviert haben, würde die Verschärfung „nicht abzielen“, sagte ein Sprecher auf Nachfrage.

Weiters will die derzeitige Kanzlerpartei ein degressives Modell bei Mehrkindfamilien, das bedeutet, dass nicht für alle Kinder in einer Familie dieselbe Summe ausbezahlt wird. Die Bundesländer sollen allerdings weiterhin Gestaltungsspielraum haben, stellt ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker in Aussicht. Dass hier Wien großzügiger agiert, kritisierte die ÖVP immer wieder massiv. Auch wolle man bei der Sozialhilfe vermehrt auf Sachleistungen setzen, geht aus dem türkisen Programm hervor.

Sozialhilfe in jedem Bundesland unterschiedlich geregelt

Das aktuelle Modell der Sozialhilfe wurde unter Türkis-Blau beschlossen und trat 2019 in Kraft. Seither wurden allerdings mehrere zentrale Bestimmungen durch den Verfassungsgerichtshof aufgehoben. Die konkrete Ausgestaltung ist darüber hinaus Ländersache, das Sozialhilfe-Grundgesetz gibt allerdings Höchstsätze vor.

Dadurch können sich die Leistungen, die eine Familie in Anspruch nehmen kann, von Bundesland zu Bundesland stark unterscheiden. Die ÖVP kritisiert diesbezüglich vor allem die Bundeshauptstadt: Einerseits haben dort auch subsidiär Schutzberechtigte vollen Anspruch auf Sozialhilfe, das ist sonst nur in Tirol der Fall. Die ÖVP fordert nun eine österreichweit einheitliche Regelung. Mehrkindfamilien erhalten für jedes minderjährige Kind denselben Betrag, Vorarlberg, Tirol, Oberösterreich, Niederösterreich und die Steiermark setzen dagegen auf degressive Modelle.