Der Hauptausschuss des Nationalrates hat am Montagnachmittag Magnus Brunner (ÖVP) als österreichischen EU-Kommissar nominiert. Nur die Koalitionsfraktionen ÖVP und Grüne unterstützten den entsprechenden Vorschlag der Bundesregierung. Brunner hat nun als letzte, kleine Hürde noch das Hearing des EU-Parlaments zu überwinden. Vereinzelt sind zwar bereits Kandidaten an dieser Hürde gescheitert, das ist im Fall von Brunner aber nicht zu erwarten. Bis zu seinem Amtsantritt – voraussichtlich Anfang November – wird er weiter das Finanzministerium leiten.
Der Designierung Brunners vorangegangen war ein Hearing des Hauptausschusses, in dem die Opposition geschlossen Kritik am Vorgehen der Bundesregierung übte. Die Grünen, die lange die Nominierung herausgezögert hatten, hielten sich möglichst zurück und wünschten dem Finanzminister viel Glück. Vor vier Jahren war Johannes Hahn auf Vorschlag der damaligen Beamtenregierung unter Kanzlerin Brigitte Bierlein einstimmig gewählt worden.
Aufregung bei der FPÖ
FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker reklamierte vor der Sitzung den Posten für seine Partei als stärkste Kraft bei der EU-Wahl. SPÖ und Neos ärgerten sich über „Hinterzimmer-Deals“ der Koalition. Die SPÖ hatte tags zuvor die Sitzung als „Pseudo-Hearing“ bezeichnet, das „so zum letzten Mal stattfinden“ solle. Die Roten wollen künftig mehrere Kandidaturen und ein öffentliches Hearing per Livestream.
Der freiheitliche Generalsekretär meinte gar, einen „ungeheuerlichen Vorgang“ zu erkennen, würden sich doch die Verlierer der EU-Wahl miteinander einhängen und Brunner nach Brüssel schicken. Die FPÖ-EU-Mandatarin Petra Steger sprach von einem „unwürdigen Schauspiel“.
Nehammer verteidigt Brunner
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) begegnete dem mit dem Hinweis darauf, dass man dasselbe Prozedere vorgenommen habe wie die Regierung von Werner Faymann (SPÖ). Den Einwand von Leichtfried, dass man mit einer weiblichen Kandidatin wohl bessere Chancen auf ein attraktiveres Ressort gehabt hätte, teilte der Regierungschef nicht. Aufgabenstellung für eine nationale Regierung sei es, einen Kandidaten mit breitem Portfolio aufzustellen. Genau das biete Brunner mit Erfahrungen in den Bereichen Energie, Wirtschaft und Finanzen.
Der designierte Kommissar selbst meinte vor dem Hauptausschuss, seine Nominierung wäre für ihn eine große Ehre, mit dem Ziel, an einer Stärkung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit mitwirken zu können. Ein explizites Wunschressort nannte er nicht. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kenne seine Fähigkeiten. Die beiden hatten sich bei einer überraschenden Stippvisite Von der Leyens kurz vor der EU-Wahl auch in Wien getroffen und ausgetauscht.
Kumin bleibt Richter am EuGH
Brunner selbst sieht sich am besten im wirtschaftlichen und finanziellen Umfeld aufgehoben. Inhaltlich betonte Brunner vor allem den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit bei gleichzeitigem ökologischen Wandel: „Ein starker Beschäftigungsstandort und erfolgreiche Klimapolitik können durchaus auch ein Erfolgsmodell sein.“ Einer gemeinsamen Schuldenübernahme gegenüber ist er „äußerst kritisch“.
Im Hauptausschuss wurde am Montag noch eine zweite Personalie entschieden: Andreas Kumin bleibt Richter am Europäischen Gerichtshof (EuGH). Diese Nominierung erfolgte einstimmig. Um diese Personalie hatte es hinter den Kulissen länger Tauziehen gegeben. Dem Vernehmen nach soll der Posten im Sideletter der türkis-grünen Koalition dem kleineren Regierungspartner zugestanden worden sein, doch äußerte der unter Türkis-Blau im Jahr 2018 nach Luxemburg geschickte Kumin Interesse an einer weiteren Amtszeit.