Ende 2019 kippte der Verfassungsgerichtshof den Bundestrojaner, der es den Sicherheitsbehörden ermöglichen sollte, auf verschlüsselten Internetkanälen mitzulesen. ÖVP und Grüne vereinbarten 2020 die Prüfung einer Lösung. Nun ist das Thema durch die vereitelten islamistischen Anschlagspläne auf die Wien-Konzerte Taylor Swifts im Wahlkampf akut geworden.
Unstrittig ist, dass die ÖVP auf eine Neufassung drängt. Das ist schlüssig, weil Sicherheit ein Markenkern der ÖVP ist und vor allem die im Innenressort angesiedelte Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienste (DSN) profitieren würde, die derzeit weitgehend im Dunkeln tappt. Umgekehrt ist das Thema für die Grünen als Grundrechtspartei politisch hochsensibel.
Klubchefin Sigrid Maurer nannte den zuletzt vorgelegten Entwurf des Innenministeriums in der „ZiB2“ vom Freitag explizit verfassungswidrig – ein Befund, dem die Strafrechtsprofessorin Ingeborg Zerbes widerspricht. Auf Nachfrage im Justizministerium verweist man hier auf die Details der konkreten technischen Umsetzung, die bis heute ungeklärt seien. Im Innenressort kontert man mit einer Aufzählung etlicher Entwürfe und Verhandlungsbemühungen.
Grüne wollen nun Begutachtung des ÖVP-Entwurfs
Strittig ist sogar, welche Rechtsbereiche neu geregelt werden müssen. Während die ÖVP Justizministerin Alma Zadić Säumigkeit vorwirft bei der Anpassung der Strafprozessordnung, heißt es bei den Grünen, man sehe nur Änderungsbedarf beim Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetz.
Wer hat also recht? Das muss offen bleiben. Gespräche fanden ausschließlich hinter verschlossenen Türen statt. Neutrale Experten sind wie die Opposition bisher ausgeschlossen. Am Abend erklärten die Grünen, den Entwurf des Innenministeriums aus Transparenzgründen in die Begutachtung schicken zu wollen. Das geschieht üblicherweise erst, nachdem sich die Regierung geeinigt hat, nicht bevor. In diesem Fall haben Experten wie Opposition die Gelegenheit, den Entwurf zu prüfen und Stellungnahmen zu verfassen.