Neun Tage, nachdem ein Schütze das Feuer auf den republikanischen US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump eröffnet hatte, nahm Kimberly Cheatle im US-Kongress Platz. Vier Stunden wurde die Chefin des Secret Service vor den Kameras gegrillt, tags darauf trat sie zurück. Derart kurzfristige und öffentlich übertragene Hearings will die SPÖ nun auch in Österreich.
Die Pläne, die Verfassungssprecher Jörg Leichtfried hier wälzt und die der Kleinen Zeitung vorliegen, sehen vor, dass im Haupt- und Verfassungsausschuss bei allgemeinpolitischen Fragen sowie im außenpolitischen und inneren Ausschuss bei sicherheitsrelevanten Themen entsprechende öffentliche Hearings abgehalten werden können. Voraussetzung dafür soll sein, dass der Anlassfall von außerordentlicher politischer Relevanz für die Republik sein muss und die Aufklärung der Umstände und Verantwortlichkeiten im Interesse der Bürgerinnen und Bürger liegt.
Ein Drittel der Mitglieder in den entsprechenden Ausschüssen soll bereits ausreichen, um eine solche Sitzung zu verlangen. Dem jeweiligen Vorsitzenden sollen dann lediglich 14 Tage Zeit bleiben, um eine solche Anhörung einzuberufen. Und auch bei der Wahrheitspflicht will man sich am amerikanischen Vorbild orientieren. Wie im Hearing von der inzwischen abgetretenen Secret Service Chefin Cheatle im US-Kongress und in den heimischen Untersuchungsausschüssen sollen die jeweiligen Auskunftspersonen unter Wahrheitspflicht stehen.
SPÖ: Schnelle Befragung für mehr Transparenz
Zu solchen Hearings soll laut SPÖ nur geladen werden, „wer für den konkreten Anlassfall politisch oder wirtschaftlich die letzte Verantwortung trägt“, heißt es im Vorhaben. Als Beispiel nennt man unter anderem den Terroranschlag in Wien oder den Unfall in der OMV-Raffinerie in Schwechat im vergangenen Sommer. Damals kam es zu einer Beschädigung der Rohöl-Destillationsanlage, die Umstände hätte man schnell klären können, heißt es. Drei Stunden sollen die Geladenen gegrillt werden dürfen, mit Pause wären bis zu fünf möglich.
Derzeit sind solche kurzfristigen Anhörungen nicht möglich. Betroffenen Ministerien bleiben für die Beantwortung schriftlicher Anfragen zwei Monate Zeit, beim Einsetzen eines Untersuchungsausschusses verstreicht zwischen Beschlussfassung und erster Befragung oft noch mehr Zeit. Laut SPÖ gibt es keine Möglichkeit, die Bürger über wichtige Vorkommnisse schnell zu informieren und entsprechende Verantwortlichkeiten zu klären, um Transparenz zu schaffen.
Auch bei Personalentscheidungen will die SPÖ dem US-Vorbild folgen und öffentliche Anhörung einsetzen. Einer solchen müssen sich in den Vereinigten Staaten unter anderem Bewerber für den Obersten Gerichtshof stellen. Hierzulande würde die SPÖ ein Hearing auch bei der Wahl des EU-Kommissars begrüßen. Zwar wird dieser von der Regierung vorgeschlagen, der formale Beschluss erfolgt jedoch im Hauptausschuss des Nationalrates. Aus Sicht der SPÖ schaffe dies Transparenz und stelle die Kandidaten der Öffentlichkeit vor.
Fiedler: „Würde den Informationsfluss beschleunigen“
Für Anhörungen zu Vorfällen und Postenbesetzungen sowie bei Untersuchungsausschüssen schwebt der SPÖ eine Live-Übertragung auf der Parlamentswebseite vor. So könnten sich interessierte Bürger selbst ein Bild machen, so Leichtfried. „Nach der Entscheidung, dass es mit dem neuen Grundrecht auf Informationsfreiheit mehr Transparenz in der Verwaltung braucht, muss für diese auch in einer repräsentativen, parlamentarischen Demokratie wie der unseren gesorgt werden. Das erwarten sich die Bürgerinnen und Bürger.“
Ein Vorstoß, dem der frühere Rechnungshofpräsident und Ehrenpräsident des Beirates von Transparency International in Österreich, Franz Fiedler, einiges abgewinnen kann. „Bei Postenbesetzungen bin ich seit einigen Jahrzehnten der Meinung, dass es solche Hearings geben soll, damit man sich einen Eindruck von der Person und ihren Absichten machen kann.“ Auch die zügige Anhörung von politisch Verantwortlichen begrüßt Fiedler. „Das würde den Informationsfluss deutlich beschleunigen und die unmittelbare Wahrnehmung zum Vorfall wäre noch da.“
In Untersuchungsausschüssen würden hingegen oft Jahre später Dinge behandelt, an die sich die Betroffenen nicht mehr erinnern können. „Der Vorstoß wäre ein riesiger Fortschritt und würde einen Beitrag dazu leisten, dass politisch Verantwortliche stärker ins unmittelbare Geschehen eingebunden werden, um daraus entsprechende Konsequenzen zu ziehen.“