Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) hat den aktuellen Integrationsbericht als Anlass genutzt, ÖVP-Forderungen zur Zuwanderung im Vorwahlkampf Nachdruck zu verleihen. „Wir brauchen die richtige Form der Migration“, sagte sie bei der Präsentation des Sammelwerks am Montag – „aber was wir nicht brauchen, ist illegale Migration über Jahre in unser Sozialsystem“. Zudem zeigte sich Raab sicher, dass die vom Innenministerium propagierte „Asylbremse“ Wirkung zeige.
Der Integrationsbericht wurde zum 14. Mal vorgestellt, er fasst großteils bekannte Zahlenwerke zum Thema zusammen und zeichnet dadurch auch Entwicklungen nach. Ergänzt wird der Bericht von der statistischen Publikation „Migration & Integration“ von der Statistik Austria. Raab bezeichnete das Kompendium als Beitrag zur Versachlichung der Integrationsdebatte.
Raab übte Kritik an Wien
Zentral ist für Raab, dass „weniger Menschen kommen, sonst sind die Systeme (für Integration, Anm.) überfordert“, sagte die Ministerin. Dementsprechend sieht sie die Forderungen gerechtfertigt, die die ÖVP im anlaufenden Wahlkampf erhebt: So wolle man bei der Sozialhilfe das dänische Modell übernehmen, das eine Wartefrist von fünf Jahren für den Vollbezug vorsieht. Im Bereich des Arbeitsmarkts sollten Flüchtlinge verpflichtet werden, dorthin zu gehen, „wo die Arbeit ist“, also weg von Wien und in jene Länder, wo Bedarf besteht.
Kritik an der von der SPÖ regierten Bundeshauptstadt gab es von Raab auch. Der soziale Standard dürfe nämlich „kein Magnet für illegale Migration“ sein. Das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz müsse daher in allen Bundesländern einheitlich umgesetzt werden. Stark machte sich die Ministerin hingegen für die Zuwanderung von Arbeitskräften unter anderem aus der Europäischen Union: „Wir brauchen die richtige Form der Migration, wir brauchen qualifizierte Migration.“
Einen Schwerpunkt setzte der Expertenrat diesmal auf den Spracherwerb von Erwachsenen. 65 Prozent der 2023 anerkannten Asyl- und subsidiär Schutzberechtigten, die 2023 ihren ersten Sprachkurs besuchten, hätten Alphabetisierungsbedarf gehabt, zum Teil auch in ihrer Muttersprache, erklärte die Vorsitzende des Expertenrats, die Juristin Katharina Pabel. Sie sprach sich auch für eine Flexibilisierung der Sprachkurse aus. Auch für Personen mit nur sehr geringen Deutschkenntnissen würde der Arbeitsmarkt derzeit Chancen bieten. Das dürfe aber nicht dazu führen, dass die Kurse dann nicht besucht werden, so Pabel.
Ein Viertel der Menschen hat Migrationshintergrund
Tobias Thomas, Generaldirektor von Statistik Austria, präsentierte im Rahmen der Pressekonferenz aktuelle Zahlen. So lebten im Durchschnitt des Jahres 2023 rund 2,45 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund in Österreich. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung in Privathaushalten entsprach dies einem Anteil von 27,2 Prozent (2022: 26,4 Prozent).
Etwa 1,8 Millionen Menschen gehören der sogenannten „ersten Generation“ an, sie wurden selbst im Ausland geboren und sind nach Österreich zugezogen. Die verbleibenden rund 620.100 Personen mit Migrationshintergrund sind in Österreich geborene Nachkommen. Der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund stieg in den vergangenen zehn Jahren um ein Drittel bzw. 7,8 Prozentpunkte an. Die Zahl der ausländischen Staatsangehörigen in Österreich lag Anfang 2024 bei rund 1,8 Millionen Personen. Dies entsprach einem Anteil von 19,7 Prozent an der Gesamtbevölkerung.
Deutsche mit Abstand größte Gruppe
Unter den ausländischen Staatsangehörigen in Österreich sind weiterhin Deutsche die mit Abstand größte Gruppe: Am 1. Jänner 2024 lebten rund 232.700 Deutsche in Österreich, gefolgt von 153.400 rumänischen Staatsangehörigen. Diese liegen vor den türkischen (124.100) und serbischen Staatsangehörigen (122.200). Platz fünf belegt Ungarn (107.300). Auf den Rängen sechs bis zehn finden sich die Staatsangehörigen von Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Syrien, der Ukraine und Polen.
Die Erwerbstätigenquote von Personen mit Migrationshintergrund war 2023 mit 68,5 Prozent um rund 8 Prozentpunkte geringer als jene der erwerbsfähigen Bevölkerung ohne Migrationshintergrund. Bei Personen aus Afghanistan, Syrien oder dem Irak war die Erwerbstätigenquote im Jahr 2023 mit 48 Prozent am geringsten. Das liegt vor allem an der sehr niedrigen Erwerbstätigkeit bei Frauen aus islamisch geprägten Ländern. Pabel: „Die Arbeitslosenquote der Frauen aus diesen Ländern steigt aber. Das bedeutet, dass immer mehr Frauen Arbeit suchen.“
45 Prozent der Tatverdächtigen sind Ausländer – ein Gutteil in Österreich wohnhaft
Der Anteil der Kinder und Jugendlichen mit nicht-deutscher Erstsprache ist in den letzten zehn Jahren von 20 Prozent auf 27 Prozent angestiegen. Am höchsten fiel der Anteil der Schüler und Schülerinnen mit nicht-deutscher Erstsprache im Schuljahr 2022/23 insbesondere in der Sonderschule (42,9 Prozent), in der Polytechnischen Schule (38,9 Prozent) und in der Mittelschule (34,8 Prozent) aus. Am geringsten war dieser in der Berufsschule (13,7 Prozent), der BHS (19,7 Prozent) und der AHS-Oberstufe (20,5 Prozent).
Ausländer und Ausländerinnen sind außerdem sowohl häufiger Verurteilte als auch Opfer von Straftaten. Im Jahr 2023 wurden von der Polizei insgesamt 330.000 Tatverdächtige erfasst: Davon entfielen 45,6 Prozent auf ausländische Staatsangehörige, wobei nur rund die Hälfte auch in Österreich wohnhaft war. Anders formuliert: 28,2 Prozent der Tatverdächtigen sind in Österreich lebende ausländische Staatsbürger. Unter den Verbrechensopfern hatten im Vorjahr 34 Prozent eine ausländische Staatsbürgerschaft.