Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán misst dem Auftritt von FPÖ-Chef Herbert Kickl in der Ö 3-Sendung „Frühstück bei mir“ am Sonntag so viel Bedeutung zu wie der französischen Parlamentswahl. Es handle sich um „zwei entscheidende Ereignisse“, schrieb er in der Zeitung „Magyar Nemzet“. „Wenn alles nach Plan geht und der liebe Gott uns unterstützt, werden die Patrioten bis Jahresende im ganzen Westen in der Mehrheit sein“, so Orbán mit Blick auf die US-Präsidentenwahl.
„Am Sonntag finden zwei entscheidende Ereignisse statt. Wir sollten aufmerksam nach Paris und Wien blicken“, sagte Orbán nach einem Bericht der italienischen Nachrichtenagentur ANSA. Bei „Frühstück bei mir“ treten in diesen Wochen alle fünf Vorsitzenden der Parlamentsparteien zum Sonntagssommergespräch mit Claudia Stöckl an. Ähnlich war es auch schon vor fünf Jahren vor der letzten Nationalratswahl. „Gestern wurde auch ein großer Schritt in Richtung Wandel in Amerika gesetzt“, fügte Orbán mit Blick auf den verpatzten TV-Auftritt von Präsident Joe Biden im Duell mit seinem Herausforderer Donald Trump hinzu.
Kickl wird am Sonntag Orbán gemeinsam mit dem tschechischen Ex-Premier Andrej Babiš in Wien empfangen. Die drei wollen gemeinsam mit dem FPÖ-Delegationsleiter im EU-Parlament, Harald Vilimsky, in einem Hotel eine Erklärung abgeben.
Ungarn übernimmt am 1. Juli EU-Ratsvorsitz
Orbáns Regierung übernimmt am Montag für ein Halbjahr den Vorsitz im Rat der Europäischen Union. Das mit Verfahren wegen Rechtsstaatsverletzungen belegte Land stellt seine Präsidentschaft unter das Motto „Make Europe Great Again“, eine Anleihe vom erfolgreichen Wahlkampfslogan Trumps („Make America Great Again“) aus dem Jahr 2016.
Die rechtsnationale ungarische Regierung macht kein Hehl daraus, dass sie sich eine FPÖ-geführte Bundesregierung nach der Nationalratswahl Ende September wünscht. Erst am Dienstag betonte der ungarische Außenminister Péter Szijjártó bei einem Besuch in Wien die enge Verbundenheit der Regierung mit der FPÖ. Die ungarische Regierung und seine rechtsnationale Regierungspartei Fidesz seien bereit, ihre Kooperation mit der FPÖ noch weiter zu vertiefen. Denn in allen wichtigen EU-Themen sei man sich einig und habe ähnliche Antworten. Im Fall einer FPÖ-geführten Regierung würde die Zusammenarbeit „noch enger“, so Szijjártó: „Das wäre eine völlig neue Dimension für die Stärke der Patrioten und die Souveränisten in Europa, wenn eine starke Zusammenarbeit zwischen Ungarn, Österreich und der Slowakei aufgebaut werden könnte.“
Orbáns Fidesz auf der Suche nach festen Bündnispartnern
Auf EU-Ebene sucht Orbáns Fidesz noch feste Bündnispartner. Die Partei war wegen ihrer demokratiefeindlichen Politik aus der Europäischen Volkspartei (EVP) geworfen worden und ist seitdem im Europaparlament fraktionslos. Die FPÖ und die französische Rassemblement National (RN), die gute Aussichten auf einen Sieg bei der Parlamentswahl am Sonntag hat, zählen zu den führenden Kräften in der Fraktion „Identität und Demokratie“ (ID), die sich nach der Europawahl um Verstärkung bemüht. Die als gemäßigter geltende europaskeptische Fraktion Europäische Konservative und Reformer (EKR) ist unter anderem wegen des Wahlerfolges der italienischen Rechtspopulistin Giorgia Meloni deutlich gestärkt aus der Europawahl hervorgegangen und ist nun drittstärkste Kraft im Europaparlament.
Orbán sprach sich in seinem Artikel dafür aus, dass die europäischen Rechtsparteien „starke Fraktionen im Europaparlament bilden“ und auch untereinander zusammenarbeiten sollen. Mit Blick auf die jüngste Topjob-Einigung von Konservativen, Sozialdemokraten und Liberalen bekräftigte er die Kritik an diesem „Pakt, der den Wählerwillen blockiert“.