Österreich ist mittlerweile das einzige Land in der EU, das noch keinen Klimaplan nach Brüssel geschickt hat. Auch die Frist bis Sonntag wird Wien nicht einhalten. Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) begründet das gegenüber dem Ö1-„Mittagsjournal“ mit noch fehlenden Daten: „Derzeit stellt das Umweltbundesamt gerade die Berechnungen fertig, weil dieser Plan braucht eine solide wissenschaftliche Basis.“

Die Ministerin erhofft sich eine Nachfrist seitens der Kommission und ist zuversichtlich, dass sie mehr Zeit bekommt. Ein guter Plan sei auch im europäischen Interesse. „Weil es geht dann am Ende um die Qualität“, so Gewessler. Sollte die Kommission keine Nachfrist gewähren, drohen Österreich Strafzahlungen in Millionenhöhe.

Bei Klimavorhaben kommt es immer wieder zu Unstimmigkeiten zwischen den Regierungsparteien. Für den fehlenden Klimaplan sei laut Gewessler allerdings kein Koalitionsstreit verantwortlich: „Nein, wir arbeiten tatsächlich an diesem Plan seit Monaten sehr konstruktiv in der Bundesregierung.“

Wiederholte Aufforderungen aus Brüssel

Die Europäische Kommission hat Österreich Ende April zum wiederholten Mal zur Vorlage seines Nationalen Energie- und Klimaplans (NEKP) aufgefordert. Die Brüsseler Behörde eröffnete im Dezember 2023 ein Vertragsverletzungsverfahren, weil Österreich seinen NEKP-Entwurf nicht fristgerecht nach Brüssel gesandt hatte. Die EU-Kommission betonte damals, Österreich sei mittlerweile das einzige Land, das seinen Entwurf noch nicht übermittelt habe.

Die NEKP skizzieren, wie die Mitgliedstaaten ihre Energie- und Klimaziele für 2030 erreichen wollen. Alle Mitgliedstaaten müssen bis Sonntag ihre endgültigen, aktualisierten Pläne vorlegen und dabei die Empfehlungen und Einzelbewertungen der EU-Kommission berücksichtigen. Die Entwürfe mussten bereits ein Jahr davor eingereicht werden, damit die Kommission noch Verbesserungsvorschläge machen kann.

Das Klimaministerium hatte den österreichischen Entwurf mit einigen Monaten Verspätung im Oktober nach Brüssel gesandt. Kurz darauf zog das Ministerium von Karoline Edtstadler (ÖVP) den Entwurf jedoch mit der Begründung zurück, dass dieser nur die Position des Klimaministeriums widerspiegele, aber nicht die der Regierung. Umweltministerin Gewessler widersprach: Die anderen Ministerien seien beim NEKP eingebunden gewesen und ihre Vorschläge aufgegriffen worden.

Kritik von Umweltschutzorganisationen

Kritik am aktuellen Versäumnis kommt von der Klimaschutzorganisation Global 2000. „Dieser Plan ist längst überfällig, wenn man bedenkt, dass zur Erreichung der EU-Klimaziele nur noch wenige Jahre bleiben“, sagt deren Klimasprecher Johannes Wahlmüller in einer Aussendung. „Es muss jetzt Klarheit geschaffen werden, damit sowohl Bevölkerung als auch Unternehmen für ihre Investitionsenscheidungen eine klare Orientierung bekommen“, so Wahlmüller.