Rund 60 Gesetzesbeschlüsse stehen an, wenn der Nationalrat diese Woche zu seinen letzten Plenarsitzungen vor dem Sommer zusammentritt. Im Vorfeld hatte aber vor allem für Aufsehen gesorgt, was von Mittwoch bis Freitag nicht auf der Tagesordnung stehen wird: Im letzten Moment verlängerte Justizministerin Alma Zadić (Grüne) die Begutachtungsfrist für eine umstrittene Reform von Handysicherstellungen, die eigentlich bereits diese Woche den Nationalrat hätte passieren sollen. Trotz ursprünglicher Widerrede der ÖVP ist das Hohe Haus offenbar dem Wunsch der Justizministerin gefolgt. Die Abstimmung des Gesetzes steht Anfang Juli nicht auf der Tagesordnung.

Dicht ist das Programm trotzdem. Unter anderem sollen neue Rahmenbedingungen für die Arbeit im Homeoffice beschlossen werden. Telearbeit soll künftig etwa auch bei Bekannten, in einem Co-Working-Space oder einem Café möglich sein, Voraussetzung ist eine schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Außerdem soll je nach Arbeitsort der Unfallversicherungsschutz unterschiedlich geregelt sein.

Zuverdienstgrenze für Familienbeihilfe wird angehoben

Weiters soll die Zuverdienstgrenze bei Familien- und Studienbeihilfe angehoben werden. Wenn junge Erwachsene neben Schule und Studium arbeiten gehen, dürfen sie künftig 16.455 statt 15.000 Euro im Jahr dazuverdienen, ohne ihren Anspruch zu verlieren. Die Regelung soll rückwirkend bereits ab Jänner 2024 gelten. Neues gibt es auch für Zivildiener: Diese haben nach der Geburt eines Kindes künftig Anspruch auf einen „Papamonat“, außerdem soll der Zivildienst teilbar sein, wenn gewichtige Gründe vorliegen. Staatssekretärin Claudia Plakolm nannte als Beispiel Fälle, in denen Söhne kurzfristig den landwirtschaftlichen Betrieb ihrer Eltern übernehmen müssten. Doch auch Verschärfungen sind angedacht: Da eine steigende Zahl an jungen Männern ihren Dienst aus gesundheitlichen Gründen nicht antreten kann, soll die Zivildienstserviceagentur die Möglichkeit bekommen, fachärztliche Untersuchungen zu beauftragen.

Mehr als eine Milliarde Euro will die Bundesregierung außerdem in die Hand nehmen, um Gemeinden finanziell unter die Arme zu greifen. Umfasst sind unter anderem Programme, über die Gemeinden bei Investitionen mit bis zu 80 Prozent des Gesamtvolumens unterstützt werden können. Gefördert werden sollen unter anderem auch Ansprechpartner für Digitalisierung, die Menschen in der Gemeinde etwa beim Stellen von Online-Anträgen unterstützen.

Handysicherstellungen sollen erst im Herbst beschlossen werden

Indes soll die Covidfinanzierungsagentur (COFAG), über die Corona-Hilfen für Unternehmen abgewickelt wurden, formal aufgelöst werden. Ihre Aufgaben soll künftig die Finanzverwaltung übernehmen. Thema war die COFAG auch in einem der zwei heurigen U-
Ausschüsse. Deren Abschlussberichte werden ebenfalls zur Debatte stehen.

Mit einer Zweidrittelmehrheit wird voraussichtlich eine Cooling-Off-Phase für Politiker beschlossen werden, die Verfassungsrichter werden möchten. Vorgesehen ist eine Wartefrist von drei Jahren. Unsicher ist, ob eine Zweidrittelmehrheit für die Einführung einer Grün-Gas-Quote zustande kommt: Energieversorger sollen verpflichtet werden, fossilem Gas einen gewissen Anteil erneuerbare Gase beizumischen. Die Freiheitlichen wollen außerdem einen Misstrauensantrag gegen Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) einbringen.

Für die Koalition ist der Sitzungsmarathon eine der letzten Möglichkeiten, Gesetzesvorhaben in trockene Tücher zu bringen. Sondersitzungen über den Sommer sind möglich, fix eingeplant ist eine weitere Plenarwoche Anfang September, wenige Wochen vor der Nationalratswahl am 29. Dann soll auch ein überarbeiteter Entwurf zur Handysicherstellung beschlossen werden.