Nachdem das Oberlandesgericht (OLG) Wien den der Spionage verdächtigten ehemaligen Verfassungsschützer Egisto Ott am Mittwoch aus der U-Haft entlassen hat, sind nun genauere Hintergründe dieser Entscheidung bekannt. Laut Gericht liegt keine Tatbegehungsgefahr und somit kein Haftgrund vor. In einer der APA vorliegenden Begründung bezieht man sich u.a. darauf, dass angeblich weitergegebene Handys von Spitzenbeamten des Innenministeriums keine Staatsgeheimnisse enthielten.
Ott war am 29. März unter Spionage-Verdacht fest- und in Folge in U-Haft genommen worden. Am Mittwoch hat das OLG einer Haftbeschwerde des ehemaligen Mitarbeiters des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) Folge gegeben und seine Enthaftung angeordnet. Das Gericht hatte seine Entscheidung damit begründet, dass der dringende Tatverdacht zwar weitgehend bestünde, der Haftgrund der Tatbegehungsgefahr aber nicht mehr gegeben sei. Ott wurde bereits im Februar 2021 aus einer früheren Untersuchungshaft entlassen, seither bestehen keine Anhaltspunkte, dass er weitere Straftaten verübt hätte, geht aus dem der APA vorliegenden Schreiben hervor, über das zunächst Ö1, „Presse“ und „ZackZack“ berichtet hatten.
Ermittlungen gegen Ott seit 2017
Gegen Ott wird von der Staatsanwaltschaft Wien seit 2017 wegen Amtsmissbrauchs, geheimen Nachrichtendiensts zum Nachteil Österreichs, Verletzung des Amtsgeheimnisses und weiterer Delikte ermittelt. So soll er ins Wasser gefallene Diensthandys von drei damaligen Beamten des Innenministeriums dem russischen Inlandsgeheimdienst übergeben haben. Auf diesen seien personenbezogene Daten, die unter das Amtsgeheimnis fallen, aber keine geheimen Daten oder Staatsgeheimnisse zu finden gewesen, schließt das Gericht aufgrund von Zeugenaussagen. „Eine Verletzung konkreter und vitaler Interessen Österreichs durch deren Übermittlung und der entsprechende Vorsatz des [Beschuldigten] hierauf lässt sich nicht zur Annahme eines dringenden Tatverdachts hinreichend begründen“, heißt es.
Der frühere BVT-Chefinspektor wird weiters verdächtigt, einen SINA-Laptop, also einen Laptop mit speziellen Sicherheitsmerkmalen, mit möglicherweise brisantem Datenmaterial dem russischen Geheimdienst verkauft zu haben. Der SINA-Laptop hätte die niedrigste Schutzklasse gehabt, nämlich jene für den Dienstgebrauch, und könnten zumindest theoretisch von jeder Privatperson gekauft werden, hieß es seitens des Gerichts. Solche Laptops würden in vielen Bundesbehörden den Standardarbeitsplatz darstellen. Höhere Stufen sind „vertraulich“ und „geheim“. Auch ein SINA-Laptop der niedrigsten Stufe dürfe aber nicht nach Russland verkauft werden. Nicht bekannt sei, welche Daten sich auf dem gegenständlichen Laptop befunden haben. Der Tatverdacht dazu sei also nicht als dringend anzusehen.
Ott weist alle Vorwürfe zurück
Auch wird Ott vorgeworfen, Meldedaten des Investigativjournalisten Christo Grozev an russische Agenten verraten zu haben. Beim Zentralen Melderegister handle es sich um ein öffentliches Register, schreibt das Gericht. Dass eine Meldesperre zu Grozev vorlag, sei derzeit nur eine Spekulation. Für Egisto Ott, der sämtliche Vorwürfe zurückgewiesen hatte, gilt die Unschuldsvermutung.