Er zieht noch immer: Am Montagnachmittag war Sebastian Kurz zu Gast im C3-Business Talk von Kommunikationsprofi Thomas Prantner – und die Reihen waren dicht gefüllt. Der ehemalige ÖVP-Obmann und Kanzler erzählte im Plauderton von seinem neuen Leben als Unternehmer, der mehr als die Hälfte seiner Zeit außerhalb Europas verbringt, vornehmlich in Israel und Abu Dhabi, über die Lage in Nahost („die schwierigste Frage lautet: Wer managt Gaza?“), den Umgang mit Russland („wir müssen auch mit autoritären Staaten reden, ansonsten ‚Gute Nacht, Europa‘“) und die EU-Migrationspolitik („die wohlhabenden Staaten müssen entscheiden können, wer bei ihnen einwandert, alles andere wäre irre“).
Natürlich achteten die anwesenden Politstrategen und Journalisten auf jeden Zwischenton, als die Sprache auf die Innenpolitik kam. Kurz sang dabei ein Loblied auf Türkis-Blau, das im 2019 abrupt wegen des Ibiza-Videos endete, weil die Koalition mit der FPÖ „sehr gut funktioniert hat“: „Es wäre besser gewesen, wenn es anders gekommen wäre.“ Die Regierung mit den Grünen erlebte Kurz dagegen als „sehr viel mühsamer“, was wenig verwundert, weil er Ende 2021 wegen Justizermittlungen zum Rücktritt gezwungen wurde.
Dass er sich mit FPÖ-Chef Herbert Kickl, an dessen Entlassung als Innenminister Türkis-Blau schließlich scheiterte, ausgesprochen habe, dementierte Kurz unüberhörbar nicht, was die Frage nach sich zog, ob er das Nein von Kanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer zu einer Koalition mit Kickl als Fehler betrachte. Er beteilige sich nicht mehr an innenpolitischen Debatten, so der Vor-Vorgänger, der gegen seinen Schuldspruch wegen Falschaussage in Berufung ist: „Ich bin nicht mehr am Spielfeld“. Wie er es selbst machen würde, war trotzdem allen Zuhörern klar.