Die Ankündigung eines Wahlarztverbots für Wiener Spitalsärzte von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) stößt erwartungsgemäß auf Kritik der Ärzte: „Eine erzwungene Einschränkung der Berufsfreiheit wird noch mehr Ärztinnen und Ärzte für immer von den Spitälern wegtreiben“, meinte Ärztekammer-Präsident Johannes Steinhart am Samstag. Die Gewerkschaft younion zeigte sich „überrascht“ und wandte sich dagegen, „sich Verhandlungspositionen vorab über die Medien auszurichten“.
Hacker will die Praxis, dass Ärzte nur wenige Stunden im öffentlichen Spital und den Rest in der Privatordination arbeiten, mit Jahreswechsel abdrehen. „Wir verhandeln gerade mit der Personalvertretung im Rahmen des zweiten Personalpaketes. Ich habe nichts gegen Wahlärzte. Wer aber Teilzeit im öffentlichen Gesundheitssystem arbeitet, der ist diesem System verpflichtet“, befand Hacker in der „Kronen Zeitung“ (Samstag-Ausgabe). „Also man kann 20 Stunden im Spital arbeiten und 20 Stunden in einem Primärversorgungszentrum. Aber zehn Stunden im öffentlichen Spital und den Rest in der Privatordination, das wird es in Zukunft nicht mehr geben.“
Laut Gewerkschaft noch keine Verhandlungen
Die Gewerkschaftsvertreter der Beschäftigten im Wiener Gesundheitsverbund zeigten sich nach Hackers Vorstoß überrascht. Es habe dazu noch keine Verhandlungen gegeben, unterstrichen younion-Vorsitzender Christian Meidlinger und Edgar Martin, Vorsitzender des „Team Gesundheit“ (Hauptgruppe II) in der younion, in einer Aussendung. „Darüber wird erst im Sommer gesprochen, so wie es der Fahrplan für die Verhandlungen über das zweite Personalpaket vorsieht.“
Bei diesen Gesprächen zwischen Dienstgeberin und Personalvertretung würden die gewählten Vertreter der Ärztinnen und Ärzte im Wiener Gesundheitsverbund eng eingebunden sein, um „Lösungen zu finden, die sowohl im Interesse der Berufsgruppe als auch des Wiener Gesundheitswesens liegen“, betonte Martin. „Die Herausforderungen in diesem komplexen System sind groß. Wir halten wenig davon, sich Verhandlungspositionen vorab über die Medien auszurichten.“
Vorstoß für Ärztekammer „völlig inakzeptabel“
Heftiger Gegenwind weht Hacker jedenfalls auch aus der Wiener Ärztekammer entgegen: Die Ankündigung, Spitalsärzten künftig Nebenbeschäftigungen im wahlärztlichen Bereich zu verbieten, sei „nicht nachvollziehbar und völlig inakzeptabel“, hieß es in einer Aussendung. Es handle sich um „reine Showpolitik auf dem Rücken der Wienerinnen und Wiener“, kritisierte Ärztekammer-Präsident Steinhart. „Nun im Wahlkampf mit arbeitnehmerfeindlichen Verboten zu drohen, widerspricht auch jeglichen Grundsätzen einer arbeitnehmerfreundlichen Politik.“ Eine derartige „erzwungene Einschränkung der Berufsfreiheit“ werde dazu führen, dass viele Ärzte ihren Job im Krankenhaus aufgeben. „Das wird die Situation in unseren Gesundheitseinrichtungen nochmals massiv verschärfen und die Leidtragenden werden wieder die Patientinnen und Patienten sein.“
Die Ärztekammer appellierte an Hacker, rasch in Gespräche zu treten. „Überdenken Sie Ihren überhasteten und unüberlegten Vorstoß, Herr Stadtrat“, forderte Steinhart. Notwendig seien vielmehr „Wege und Konzepte, die unser solidarisches Gesundheitssystem langfristig absichern und die Arbeitsbedingungen der Ärztinnen und Ärzte verbessern“, die Ärztekammer stehe „mit konstruktiven Vorschlägen zu raschen Verhandlungen bereit“.
Wiener FPÖ und ÖVP sehen „populistische Maßnahmen“
Kritik übte auch die Wiener FPÖ: „Ein Berufsverbot für Ärzte ist nicht nur eine populistische Maßnahme, sondern gefährdet auch die Gesundheitsversorgung in Wien massiv“, meinte der blaue Gesundheitssprecher Wolfgang Seidl in einer Aussendung. „Es ist erschreckend, dass Hacker die Konsequenzen seiner Entscheidungen offenbar nicht überblickt.“
„Verbote und populistische Maßnahmen sind der falsche Weg“, meinte auch die Wiener ÖVP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec in einer Aussendung. „Es ist unerträglich, mit welchen populistischen Maßnahmen Stadtrat Hacker das ohnehin angespannte Wiener Gesundheitssystem reformieren möchte.“ Auch sie ortete „Showpolitik“.