SPÖ-Chef Andreas Babler gibt sich am Morgen nach dem Wahlsonntag betont unbeeindruckt. Trotz des historisch schlechtesten Ergebnisses seiner Partei bei einer EU-Wahl sei er überzeugt, dass die politische Auseinandersetzung im Vorfeld der Nationalratswahl am 29. September nicht durch ein Duell zwischen Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und FPÖ-Chef Herbert Kickl dominiert werde. Er rechne mit einem „Dreikampf“, versichert er. Was Babler einen Platz im politischen Ring sichern soll? Man werde unter anderem das eigene Migrationspapier „refreshen“ und bekannter machen, verspricht der Parteichef, wohl auch mit Blick auf den Wahlerfolg der FPÖ.
Die alte Bruchlinie zwischen linken Genossinnen und Genossen, die vor allem in Wien als mächtige Regierungspartei schalten und walten, und jenen in anderen Bundesländern, die sich eine deutlich härtere Gangart in den Bereichen Asyl, Migration und Integration wünschen, offenbarte sich nur wenige Stunde nach Bablers Ankündigung. Burgenlands Landeshauptmann und Parteirebell Hans Peter Doskozil wünschte aus der Ferne bissig „alles Gute“ für die Nationalratswahl mit dem aktuellen Parteikurs, Tirols SPÖ-Chef Georg Dornauer glaubt nur bei einer inhaltlichen Fokussierung auf die Bereiche Sicherheit und Migration an ein Reüssieren.
Migrationsgipfel kommende Woche
Parteichef Babler, ursprünglich als klar links positioniert, scheint sich nun zwischen den Stühlen wiederzufinden. In der Wiener Partei sind viele vom Kurs des „Neuen“ enttäuscht, wohl auch deshalb, weil man sich dabei zu wenig eingebunden fühlt. Die migrationskritischeren Stimmen beklagen wiederum ein „Zudecken“ entsprechender Debatten, auch durch den Obmann. Wohl auch deshalb erhofft man sich in der Parteispitze viel vom ausgerufenen Migrationsgipfel, der nächste Woche Samstag in Wien stattfinden soll. Man werde sich zusammensetzen und an Lösungen arbeiten, heißt es. Daran zweifeln jedoch viele der damit eher überrumpelten Funktionäre. Denn die Chance, dass sich Hauptkritiker Doskozil aus dem Burgenland zur Konferenz aufmacht, wird als gering eingeschätzt.
Fraglich ist auch, ob sich Doskozil beim von Babler avisierten „Refresh“ des Migrationspapiers überhaupt einbringen wird. Dabei findet sich auf eben dieser Unterlage aus dem Jahr 2018 neben dem Namen des Kärntner Landeshauptmanns Peter Kaiser auch jener des Burgenland-Chefs. Auf acht Seiten hatten die beiden damals eine neue, ganzheitliche Parteiausrichtung in Sachen Asyl und Migration zu Papier gebracht. Darin ist neben „Verfahrenszentren außerhalb der Europäischen Union“ und „Integration vor Zuzug“ auch von einer „Erstellung eines Integrationsleitbildes“ und einer „leistbaren“ Staatsbürgerschaft die Rede. Das Papier sorgte schon damals bei einigen Genossen für Kritik, auch Babler äußerte sich, als Bürgermeister von Traiskirchen, kritisch.
Härteres Auftreten im Parlamentsklub
In Kärnten versichert man auf Anfrage, dass Kaiser „natürlich“ an der Weiterentwicklung des Papiers arbeiten werde. Man wolle die dortigen Positionen „aktualisieren und akzentuieren“, heißt es. Dafür will man sich, trotz des bereits entbrannten Wahlkampfes, Zeit lassen und entsprechende Experten einbinden.
Im Parlament setzt die SPÖ indes schon jetzt auf ein etwas härteres Auftreten. Um nicht in die Verlegenheit zu kommen, bei einem FPÖ-Antrag auf (von Klubobmann Philip Kucher kürzlich befürwortete) Abschiebungen schwerer Straftäter mitgehen zu müssen, brachte die Partei einen eigenen Antrag mit ähnlicher Forderung ein – mit Betonung auf die Wahrung geltender Rechte. Allein um den Wortlaut dieses Antrags war im Klub hitzig diskutiert worden, eine Mehrheit fand er am Ende ohnehin nicht.