Es wird verhalten geklatscht, als der rote Balken auf den Bildschirmen auf 23 Prozent klettert, dann wird es ruhig im Marx Palast. Wenige Dutzend Funktionärinnen und Funktionäre sind am frühen Abend zur Wahlparty der SPÖ im 3. Wiener Gemeindebezirk gekommen, die Stimmung ist getrübt. Vor fast genau einem Jahr hat Andreas Babler die SPÖ übernommen, versuchte Aufbruchsstimmung und das Gefühl eines Neuanfangs zu vermitteln. Doch nun sehen erste Trendprognosen für die EU-Wahl die SPÖ in etwa dort, wo sie auch schon 2019 zum Liegen gekommen war.

Bei den Gästen dominieren bei Gulasch, Bier und Topfenstrudel, Enttäuschung und Unverständnis. Parteichef Babler setze auf die richtigen Themen, meint ein Funktionär, „aber die Leute glauben ihm nicht und sagen, er ist ein Träumer“. Nachsatz: „Dem Kickl glauben sie.“ Wenig Grund zur Freude sieht am Sonntag auch Klubobmann Philip Kucher. „Wir brauchen nicht herumzueiern, das ist nicht das Ergebnis, das wir uns gewünscht haben“, sagt er zur Kleinen Zeitung.

Keine großen Verluste, keine großen Gewinne

Mit dem mageren EU-Wahlergebnis setzt sich für die Sozialdemokraten ein Trend fort, der bereits die Landtagswahlen im Vorjahr bestimmt hatte. Zwar bleiben der SPÖ große Verluste weitgehend erspart, doch auch nennenswerte Zugewinne bleiben aus. In bundesweiten Umfragen liegt die SPÖ momentan bei etwa 22 Prozent, Kopf an Kopf mit der ÖVP, aber weit hinter den Freiheitlichen von Herbert Kickl. Rote Erfolge gab es zuletzt immerhin auf kommunaler Ebene: In Salzburg erstritt Bernhard Auinger den Bürgermeistersessel, in Innsbruck blieb die Stichwahl für Elisabeth Mayr außer Reichweite, doch schnitt die rote Kandidatin besser ab als erwartet.

Thematisch tut sich SPÖ auf lokaler Ebene jedenfalls leichter als auf europäischer. Bestimmten die Wahlkämpfe in den Landeshauptstädten vor allem die Frage nach leistbarem Wohnen, rückten diesmal laut einer ersten ORF-Befragung die Themen Zuwanderung sowie Sicherheit und Krieg in den Vordergrund. Bei der Nationalratswahl hoffen die Sozialdemokraten, mit klassisch roten Themen wie leistbarem Leben oder Gesundheit doch noch Boden gegenüber der Kickl-FPÖ gutmachen zu können. Bisher habe die SPÖ bei europäischen Wahlen fast immer schlechter abgeschnitten als auf nationaler Ebene, betont etwa SPÖ-Finanzsprecher und Bezirksparteichef Jan Krainer.

Am späteren Abend wird das sozialdemokratische Spitzenkandidaten-Duo bestehend aus Andreas Schieder und Evelyn Regner bei der Wahlparty jedenfalls herzlich empfangen. Auch Babler ist gekommen, um sich bei den Funktionärinnen und Funktionären zu bedanken und den Genossen mit Blick auf den Herbst Mut zu machen. Die Ausgangssituation bei der heurigen EU-Wahl sei für progressive Parteien allgemein schwierig gewesen, ruft der SPÖ-Chef in Saal. „Aber wir werden die FPÖ bei der Nationalratswahl in ihre Schranken weisen!“ Kurzfristig füllt begeisterter Applaus den Marx Palast.