Nach Aufhebung der Übergangsfrist bis 2040 für unstrukturierte Vollspaltenböden durch den Verfassungsgerichtshof im Jänner (VfGH) hat die Volkspartei einen neuen Vorschlag auf den Tisch gelegt. Im Zentrum steht ein zweistufiges Modell. Für Ställe, die vor 2013 errichtet wurden, ist dabei eine Frist bis 2036 vorgesehen, für nach 2013 gebaute bis 2040. Damit folge man dem VfGH-Erkenntnis, sagte ÖVP-Landwirtschaftssprecher Georg Strasser am Mittwoch in Wien.

Mit dem Stufenmodell solle eine Differenzierung zwischen den Betrieben je nach Zeitpunkt der Investitionen sichergestellt werden, hieß es auf dem Medientermin im ÖVP-Parlamentsklub. Strasser untermauerte seine Argumentation mit Zahlen. „Jedes Jahr, das ein Bauer seinen Betrieb früher umstellen muss, kostet ihn 4500 Euro seines jährlichen Einkommens“, sagte Strasser. Er verwies zudem auf die vor Kurzem publizierte Ö 3-Jugendstudie, wonach 58 Prozent der 16- bis 25-Jährigen in Zukunft gleich viel Fleisch essen werden sowie elf Prozent sogar mehr davon. „Die Nachfrage nach Fleisch wird sich verändern, aber gegeben sein“, meinte er.

Minister Rauch soll „an den Verhandlungstisch zurückkehren“

Strasser, zugleich Präsident des Bauernbundes, betonte ebenfalls, dass ein Investitionspaket für mehr Tierwohl ebenfalls Teil des Plans sei, die anderen Punkte des im Juli 2022 im Parlament beschlossenen Tierschutzpakets jedoch unberührt blieben. Auch das Verbot von unstrukturierten Vollspaltenböden bei Neu- und Umbau seit 2023 solle aufrecht bleiben.

Zuletzt gab es beim durchaus kontrovers diskutierten Thema wenig Bewegung bei den Verhandlungen zwischen den Koalitionspartnern. „Leider hat Minister Rauch vor einigen Wochen die Gespräche auf Eis gelegt“, sagte Strasser. Der Bauernbund-Chef forderte am Mittwoch den für Tierschutz zuständigen Minister Johannes Rauch (Grüne) auf, „an den Verhandlungstisch zurückzukehren“.

Verfassungsgerichtshof kippte ursprüngliche Übergangsfrist

Der Verfassungsgerichtshof hatte Anfang Jänner die ursprünglich bis 2040 verankerte Übergangsfrist zur Umsetzung des Verbots als zu lang und sachlich nicht gerechtfertigt gekippt. Dem Gesetzgeber wurde bis Juni 2025 Zeit gegeben, um die Regelung zu reparieren. Daraufhin folgten die Verhandlungen zwischen ÖVP und den Grünen. Während der für Tierschutz und Konsumentenschutz zuständige Minister Rauch ein Ende der Frist bis 2030 bevorzugt, verlangt die Volkspartei mehr Zeit für die Bauern. Geht es nach Strasser, sei es jedoch „unmöglich, circa 6000 Betriebe bis 2030 umzustellen“.

Experten und Tierschützer sehen das Vollspaltsystem kritisch. Erst im Jänner hatte Johannes Baumgartner von der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmed) in einem Interview im Ö 1-„Mittagsjournal“ die Folgen der Vollspaltenbuchten erklärt. Demzufolge sei für die Tiere ein derartiges System mit einigen Nachteilen verbunden – „unter anderem damit, dass die Trennung von Liegeplatz und Kotplatz hier nicht möglich ist, weil die beiden Flächen übereinander gelagert sind“, wie Baumgartner erklärte. Das Resultat sei, dass die Tiere ständig „über einem See von Ausscheidungen leben“ müssten. Das sei für diese geruchssensible Spezies ein besonderes Problem.

Der Verein gegen Tierfabriken (VGT) spricht sich grundsätzlich gegen alle Vollspaltenboden-Ställe aus. Auch „strukturierte Vollspaltenböden“ seien für die Schweine um nichts besser, so der VGT. Er führe zu denselben gesundheitlichen Problemen „Das lenkt nur von der wesentlichsten Frage ab: wann bekommen Schweine Stroh? Wann endet die Haltung auf Vollspaltenboden, egal ob strukturiert oder nicht?“.