Der von der ÖVP eingesetzte U-Ausschuss zum „Rot-Blauen Machtmissbrauch“ könnte zum Anlass für eine Reform der Geschäftsordnung des Nationalrats werden. Der Weg dorthin ist zwar noch weit, doch ein Antrag der Freiheitlichen am Donnerstag in der Plenarsitzung ist von den anderen Parteien nicht kategorisch abgelehnt worden. Vielmehr hat sogar Grünen-Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer den Antrag als „eigentlich spannend“ bezeichnet und als „eine Frage, die wir klären sollten“.
Die FPÖ fordert darin, dass künftig auch eine Minderheit im Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrats den Verfassungsgerichtshof um Prüfung des Verlangens anrufen können soll. Derzeit ist dafür ein Mehrheitsbeschluss notwendig. Im Jahr 2014, als der U-Ausschuss zum Minderheitenrecht wurde, war dies als Korrektiv in der Geschäftsordnung verankert worden, um rechtswidrige U-Ausschüsse einer Minderheit zu verhindern.
Keine Prüfung durch den VfGH
„Wenn erstmals in der Zweiten Republik zwei Regierungsparteien einen U-Ausschuss gegen die Opposition beschließen, soll mir das recht sein. Aber dann möchte ich auch, dass man mit Beschluss einer Minderheit die Rechtmäßigkeit von Untersuchungsgegenständen vom Verfassungsgerichtshof überprüfen lassen kann“, sagte FPÖ-Abgeordneter Christian Hafenecker bei seinem Antrag. „Dem Gesetzgeber war damals nicht bewusst, dass es eine ÖVP gibt, die Gesetzeslücken immer zu ihren Gunsten ausnutzt“, so Hafenecker.
FPÖ und SPÖ hatten nach Einsetzen des U-Ausschusses durch die ÖVP zwar verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet, konnten aber im Geschäftsordnungsausschuss keine Prüfung durch den VfGH erwirken. Mit einer anderen Beschwerde zu Aktenlieferungen blitzten die beiden Parteien ab, da das Höchstgericht nur formal, nicht aber inhaltlich prüfte. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Untersuchungsgegenstandes blieb daher unbeantwortet.
Fürlinger „dankte für den Input“
„Wahrscheinlich wurde tatsächlich damals die Situation nicht mitbedacht, dass es eine Einsetzungsminderheit gibt, die gleichzeitig Teil einer Regierungsmehrheit ist“, sagte Prammer. Man könne sich überlegen, eine Minderheit diesen Überprüfungsantrag stellen zu lassen, gerade wenn künftig mehr Parteien als jetzt im Nationalrat vertreten sein sollten. „Dieses spannende Thema wird wirklich zu erörtern sein“, sagte Prammer. Die Untersuchungsbefugnisse der Einsetzungsminderheit sollten aber möglichst erhalten werden.
ÖVP und SPÖ gingen weniger detailliert auf den Antrag der Freiheitlichen ein, meldeten aber auch Reformbedarf an. ÖVP-Abgeordnete Klaus Fürlinger „dankte für den Input“, nannte dann aber vor allem Änderungen bei Ladungsverlangen und Beugestrafen. „Es gibt vieles zu diskutieren“. Für die SPÖ sprach Katharina Kucharowits TV-Übertragungen an. „Es sollte eine grundsätzliche Debatte geben.“ Unmittelbar steht eine Reform freilich nicht bevor, wie auch Fürlinger sagte: „Das wird eher dann sein, wenn der Pulverstaub des Wahlkampfes auf dem Boden liegt und wir wieder frische Luft atmen.“