Bei den Grünen geht es rund. Am Dienstag kommt der Klub zu einer routinemäßigen Sitzung vor Plenartagen zusammen. Wichtigstes Thema dürften trotzdem die teils gravierenden Vorwürfe gegen EU-Spitzenkandidatin Lena Schilling sein. Tatsächlich ist für viele unklar, was es damit eigentlich auf sich hat und wie schwer diese wiegen.

Das liegt nur zum Teil an der Natur der öffentlich verhandelten Vorwürfe, die in das Private und Intime hineinreichen. Denn es drängt sich der Eindruck auf, dass ausgerechnet die Verteidigungsstrategie der Grünen genau dies beabsichtigt. Das ist zwar professionell, kommt aber der Selbstentblößung einer stets auf absolute Transparenz und Integrität pochenden Bewegung nahe. Dazu passt die wohl nicht zufällige Wortwahl von Parteichef Werner Kogler, der in Bezug auf die Vorwürfe von „Gemurkse“ und „Gefurze“ sprach.

Spätestens seitdem ist auch die Verteidigungsstrategie der Grünen ein diskussionswürdiges Thema, die ein Musterbeispiel für die – zweifellos bestehenden – Benachteiligungen von Frauen in Politik und Öffentlichkeit sehen wollen.

Ein Vorwurf verlangt Er- und Aufklärung

Zu den Vorwürfen selbst halten sich die Stellungnahmen Schillings wie der Grünen in engen Grenzen. Am Klarsten ist der Umgang mit der öffentlich gewordenen Unterlassungserklärung in Bezug auf die von Schilling eingestandenen Aussagen über Gewalt in der Beziehung des politisch hochaktiven Ehepaars Bohrn Mena. Es folgte eine Entschuldigung samt durchaus plausibler Erklärung.

Klarstellungen gibt es weiters zu den Hintergründen, die im Oktober zum Rücktritt des Grünen Abgeordneten Clemens Stammler führten, wobei die damalige Klimaaktivistin eine zentrale Rolle spielte. Warum deren Name von der Grünen-Spitze nach innen wie außen herausgehalten wurde, muss Klubchefin Sigrid Maurer vor allem intern erklären.

Dann sind da jene Behauptungen, die Schilling die Weiterverbreitung von Gerüchten über Beziehungen zwischen Grün-Abgeordneten und Journalisten unterstellten. Das hat sie am Freitag via X (vormals Twitter) eingestanden und sich dafür entschuldigt (“Ich weiß, dass das nicht gscheit war und das tut mir leid.“)

Nichts sagen Schilling und die Grünen zur dritten, wohl schwerwiegendsten Behauptung: dass die 23-Jährige einem Journalisten eines Privat-TV-Senders zu Unrecht sexuelle Belästigung vorgeworfen habe. Hier müsse man nachfragen, wie die Medienethikerin Larissa Krainer im Kleine-Interview meint, und „sowohl Journalismus als auch Politik müssen antworten“.

Doch genau das tun weder Schilling noch die Grünen. Das ist natürlich Strategie, und diese hinterlässt ein gravierendes Unbehagen.