Die Wahl rückt näher, die beiden U-Ausschüsse neigen sich dem Ende zu. Sowohl in jenem zur Causa COFAG (Covidfinanzierungsagentur) als auch im „Rot-blauen-Machtmissbrauchs-U-Ausschuss“ sind die regulären Befragungen abgeschlossen. Ende Mai sind noch zwei Termine für behördliche Vorführungen reserviert. Denn zu nahe an die Nationalratswahl dürfen U-Ausschüsse per Gesetz nicht rücken. Und doch dürften die beiden Ausschüsse den Parteien reichlich Stoff für den Wahlkampf liefern.

Dabei ging es im COFAG-Ausschuss vor allem um einen Mann, der im Herbst auf keiner Wahlliste zu finden sein wird: Signa-Gründer René Benko. SPÖ und FPÖ wollten untersuchen, ob Milliardäre in Österreich von der Verwaltung bevorzugt behandelt werden – sei es bei Corona-Hilfen oder Steuerangelegenheiten. Mit seinen komplexen Strukturen habe Benkos Immobilienimperium die Finanzverwaltung jedenfalls „ordentlich auf Trab gehalten“, formulierte es eine Beamtin vor den Abgeordneten. Nun drohen Benko Steuernachzahlungen in Millionenhöhe, etwa im Zusammenhang mit der – wohl von ihm privat genutzten – Villa in Innsbruck und einer Gesellschaft, die für die Vermietung seines Privatjets zuständig war. Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli interessierte sich für eine Gesamtsumme der Steuerschulden Benkos und seiner Signa – die konnte ihr aber selbst Finanzminister Magnus Brunner nicht nennen.

ÖVP sieht „hervorragende Arbeit“ der Verwaltung, SPÖ Reformbedarf

Während ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger insgesamt eine „hervorragende Arbeit“ der österreichischen Verwaltung ortet, sieht die SPÖ Reformbedarf. Es fehle den Finanzämtern an Ressourcen, um komplexe Firmen- und Stiftungskonstruktionen rund um Superreiche überhaupt durchleuchten zu können, befand SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer.  

Wenig Neues gab es dagegen zur Arbeit der Covidfinanzierungsagentur, die dem U-Ausschuss seinen Namen gibt. Über diese ausgelagerte Gesellschaft wurden Corona-Hilfen für Unternehmen ausbezahlt, der Rechnungshof kritisierte massives Potenzial für Überförderungen und bemängelte, dass die Förderungen nicht über bestehende Strukturen in der Finanzverwaltung abgewickelt wurden. Die damals zuständigen Regierungsmitglieder Werner Kogler (Grüne) und Gernot Blümel (ÖVP) schilderten den Abgeordneten chaotische Zustände zu Beginn der Pandemie. Dennoch habe die COFAG Förderungen „streng nach Richtlinie“ ausbezahlt, betonten alle Beteiligten. Doch ebendiese Richtlinien müssen nun im Nachhinein zum Teil repariert werden, Rückzahlungen bei Unternehmen, die aufgrund ihrer Firmenstruktur höhere Förderungen beantragen konnten, stehen im Raum. Auf ein konkretes Vorgehen konnten sich die beiden Koalitionsparteien bisher nicht einigen, bestätigten Kogler und Finanzminister Brunner.

Alte Affäre im FPÖ-Umfeld rückte ins Zentrum

Im rot-blauen Ausschuss rückte die stundenlange Befragung von FPÖ-Chef Herbert Kickl eine Affäre ins Zentrum, die bereits 2015 aufgekommen war. Bei der Causa „Ideenschmiede“ ging es um mögliche Rückvergütungszahlungen an die Kärntner FPÖ, gegen Kickl wurde nie ermittelt, er sei nur kurz stiller Teilhaber gewesen, wie er im Ausschuss erneut versicherte. Viel mehr Details dazu konnten ÖVP und Neos nicht erfragen, Verfahrensrichterin Christa Edwards sah keinen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand. Weiteren Nachfragen dazu entging Kickl, der eine zweite Ladung in den Ausschuss mit Verweis auf eine Bergtour ausschlug.

Einen thematischen Abstecher machten die Abgeordneten auch zum früheren Gesundheitsministerium von Beate Hartinger-Klein (FPÖ). Die in ihrer Amtszeit veranlasste Fusion der Sozialversicherungen sei die richtige Entscheidung gewesen, zeigte sie sich im Ausschuss überzeugt. Doch die von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) angekündigte „Patientenmilliarde“ sei nur „Marketing-Wording“ gewesen. Sie selbst habe bei dieser Formulierung einen „Wutanfall“ bekommen.

Benko und Sila sollen von der Polizei vorgeführt werden

 Ein juristisches Nachspiel hat indes die Befragung von Kickls Ex-Generalsekretär, Peter Goldgruber. Dieser hatte sich konsequent entschlagen, mit der Begründung, an der Verfassungsmäßigkeit des U-Ausschusses an sich zu zweifeln. Das quittierten die Ausschussfraktionen mit einem Antrag auf Beugestrafe beim Bundesverwaltungsgericht. Sollte das Gericht diesem stattgeben, könnte Goldgruber damit weiter zum Verfassungsgerichtshof gehen. Und der müsste dann wohl die Grundsatzfrage der Verfassungsmäßigkeit klären, die bereits im Vorfeld von FPÖ und SPÖ angezweifelt worden war.

Zu noch härteren Druckmitteln greifen die Abgeordneten bei Benko sowie „Ideenschmiede-Chef“ Thomas Sila. Beide ließen sich mehrfach entschuldigen, die Begründungen dafür überzeugten die Abgeordneten offenbar nicht. Für beide wurde eine behördliche Vorführung Ende Mai beantragt, auch wenn Benko in Aussicht stellte, zum entsprechenden Termin doch noch freiwillig im Parlament erscheinen zu wollen.

Gerüchte um „Nichtangriffspakt“ von SPÖ und ÖVP

Gar nicht erst befragen wollten die Fraktionen hingegen Egisto Ott. Der in eine Spionage-Affäre verwickelte ehemalige Verfassungsschützer hätte geladen werden sollen, das Ansuchen wurde aber dank ermittlungstaktischer Bedenken seitens der Behörden wieder zurückgezogen.

Während sich ÖVP und FPÖ im rot-blauen U-Ausschuss nichts schenkten und sich in endlosen Geschäftsordnungsdebatten verloren, blieb die SPÖ, die von der ÖVP eigentlich auch untersucht werden hätte sollen, zur Gänze verschont. Auch gegenseitige Angriffe zwischen den ehemaligen großkoalitionären Partnern suchte man vergebens. Im COFAG-Ausschuss ging es insgesamt vergleichsweise ruhig zu. Benko als gemeinsamer Gegner einte die Fraktionen, als Fürsprecher des strauchelnden Ex-Milliardärs wollte wohl keine Partei auftreten. Im Hintergrund wurde allerdings bald gemunkelt, SPÖ und ÖVP hätten einen „Nichtangriffspakt“ geschlossen – man wolle sich nach der Nationalratswahl keine Optionen verbauen.