Am Mittwoch stellte sich Peter Gridling, Chef des mittlerweile aufgelösten Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), den Fragen der Abgeordneten im „Rot-blauen Machtmissbrauchs-Untersuchungsausschuss“. Es war der letzte reguläre Befragungstag.
Der SPÖ-Abgeordnete Reinhold Einwallner befragte Gridling zum mittlerweile festgenommenen Ex-Verfassungsschützer Egisto Ott. Dieser habe klassifizierte Dokumente von seinem beruflichen Account auf seinen privaten geschickt und sei deshalb für einige Jahre suspendiert worden, hatte Gridling zuvor gegenüber der Verfahrensrichterin angegeben. Haben Sicherheitsüberprüfungen zu Ott stattgefunden, fragte Einwallner. Jeden Monat seien einige BVT-Mitarbeiter stichprobenartig überprüft worden, sagte Gridling, zuständig sei der „Bereich Recht“ im BVT gewesen. Ob Ott auf diese Weise überprüft worden sei, wusste der ehemalige Direktor nicht. Denn jeden Monat alle Beamten zu überprüfen, wäre „nicht zu stemmen“, sagte er auf Nachfrage des FPÖ-Abgeordneten Thomas Spalt. Spalt kritisierte, dass Herbert Kickl, als dieser kurz nach Otts Suspendierung das Innenministerium übernahm, nicht über die Vorwürfe informiert worden sei.
Welche Vorwürfe standen bereits 2015 gegen Ott im Raum?
Neos-Fraktionsführer Yannick Shetty interessierte sich für Vorwürfe gegen Ott, die offenbar bereits im Jahr 2015 kursierten. (Suspendiert wurde dieser erst 2017.) Worum es damals gegangen sei, könne er nur in einer vertraulichen Sitzung beantworten, also unter Ausschluss der Medien, sagte Gridling. Shetty erkundigte sich, ob solche Vorwürfe gegen Beamte regelmäßig vorkommen würden. Gridling verneinte das, „Gerüchte“ gebe es aber immer wieder. „Die sind zu überprüfen.“ Das sei auch 2015 geschehen, die Vorwürfe gegen Ott seien damals aber „nicht haltbar“ gewesen, ansonsten hätte es ein Verfahren gegen Ott gegeben, sagte Gridling. Für Shetty war nicht nachvollziehbar, warum Ott 2015 weiterarbeiten durfte. „Das soll nicht despektierlich klingen, aber das BVT ist nicht die MA48, sondern der Geheimdienst.“
Kloibmüller bat um „entsprechende Planstelle“ für Ott im BVT
Der FPÖ-Abgeordnete Thomas Spalt will wissen, ob es Interventionen bei Postenbesetzungen im BVT gegeben habe. Michael Kloibmüller, jahrelang Kabinettschef im Innenministerium, habe gebeten, man möge Ott nach dessen Rückkehr von einer Tätigkeit in der Türkei „auf einer entsprechenden Planstelle verwenden“, gab Gridling an. Da Ott aber vor seiner Auslandstätigkeit einen Posten im BVT innehatte, sei ihm nach seiner Rückkehr sowieso eine Planstelle zugestanden, erklärte Gridling.
Anfragen zu Ermittlungen bei Burschenschaften
Einwallner fragte weiter, ob in Herbert Kickls Zeit als Innenminister von Ende 2017 bis Mitte 2019 vermehrt klassifizierte Informationen vom Kabinett des Ministers beim Verfassungsschutz abgefragt worden seien. Gridling verneinte. Seien Anfragen aus dem Kabinett oder von Generalsekretär Peter Goldgruber gekommen, habe man jedenfalls überprüft, „inwieweit die Informationen für die Erfüllung der Aufgaben des Generalsekretärs notwendig waren“.
Einwallner wollte wissen, ob Gridling solche Anfragen auch abgelehnt hat. Man habe „nur kursorisch“ beantwortet, welche verdeckten Ermittler bei „Verbindungen“ im Einsatz gewesen seien, um die Ermittler sowie deren Familien zu schützen, gab Gridling an. Es habe sich dabei um Burschenschaften gehandelt, präzisierte der frühere BVT-Chef, die Anfrage sei von Peter Goldgruber gekommen.
Goldgruber hat „Geheimprojekte“ im BVT beauftragt
Die ÖVP-Abgeordnete Corinna Scharzenberger fragte zu „Geheimprojekten“, die im BVT ausgearbeitet worden sein sollen. Es habe tatsächlich zwei „Geheimprojekte“ gegeben, die Peter Goldgruber, Generalsekretär im Innenministerium, in Auftrag gegeben habe, gab Gridling an. Gegangen sei es einerseits um „Analyse“, andererseits um „Informationsbeschaffung“. Er sei darüber erst auf Nachfrage informiert worden, sagte Gridling. Beide Projekte seien schließlich beendet worden, „ohne eine Projekterkenntnis umzusetzen“.
„Schwierige Zeit im Innenministerium“
„Es war klar, wenn die FPÖ das Innenministerium innehat, kommt eine schwierige Zeit auf den Verfassungsschutz zu“, sagte Gridling und sprach von Naheverhältnissen mancher FPÖ-Abgeordneter zu Rechtsextremisten, zu denen im BVT Ermittlungen gelaufen seien. Doch auch von der ÖVP habe man „wenig Unterstützung“ bekommen.
FPÖ-Abgeordneter Thomas Spalt fragte zu dieser Aussage nach. Man habe zwar nicht mit Einflussnahme auf die Ermittlungen gerechnet, „aber mit kritischen Fragen vonseiten der Politik“, gab Gridling an.
Dazu, ob die Arbeit von Beamtinnen und Beamten erschwert worden sei, die sich im BVT mit Rechtsextremismus befasst haben, habe er aber „keine weiteren Wahrnehmungen“, sagte Gridling auf die Frage des grünen Abgeordneten Markus Koza.
Absagewelle zum U-Ausschuss-Finale
Am späteren Nachmittag fand noch eine Fragerunde unter Ausschluss der Medien statt; Gridling hatte davor mehrmals betont, bestimmte Fragen aus Sicherheitsgründen nicht in einer öffentlichen Sitzung beantworten zu können. Dabei ging es unter anderem um Details zu Vorwürfen gegen Ott.
Dass am Mittwoch eine Befragung stattfinden konnte, kam für viele überraschend: Ein früherer Personenschützer von Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache hatte kurzfristig krankheitsbedingt abgesagt, andere mögliche Auskunftspersonen reagierten nicht auf ihre Ladungen. Die ÖVP will nun beantragen, Thomas Sila, Chef der Werbeagentur „Ideenschmiede“, Ende Mai behördlich vorführen zu lassen. Die Grünen fordern nun die Einführung höherer Beugestrafen.