Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) warnt vor einem Anstieg des „linken Antisemitismus“. Das Pendel habe „von rechts nach links ausgeschlagen“, sagte Edtstadler am Freitag in Wien im Hinblick auf die jüngsten Ereignisse auf US-Universitäten. Der „linke Antisemitismus“ stehe jetzt auch hierzulande „im Fokus“, fügte sie hinzu. „Am linken Auge waren wir immer relativ blind, wir haben immer den Antisemitismus von rechts gesehen.“
Nach Ansicht Edtstadlers liegt ein Problem darin, dass es etwa zu gewissen Parolen wie „From the river to the sea, palestine must be free“ noch keine Judikatur gebe. Sie hofft, mit der Reform des Verbotsgesetzes bald erste Entscheidungen sehen zu können, „damit der Öffentlichkeit deutlich vor Auge geführt wird, dass das keine Kavaliersdelikte sind“, sondern „purer Antisemitismus ist“.
Es scheine so, als habe der Angriff der islamistischen Hamas am 7. Oktober 2023 in Israel eine „Büchse der Pandora geöffnet“, sagte Edtstadler mit Verweis auf den „explosionsartigen“ Anstieg bei antisemitischen Vorfällen. Zum Vergleich: Im Jahr 2022 waren es 1,97 Vorfälle pro Tag, im Zeitraum 7.10. bis 31.12. allein waren es 8,31 Vorfälle, wie aus Zahlen der Meldestelle der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) hervorgeht. „Wir haben das Ausmaß von Antisemitismus unterschätzt.“
Nationale Strategie gegen Antisemitismus
„Es war uns immer bewusst, es ist eigentlich unmöglich, ein Ende des Antisemitismus herbeizuführen, aber es ist notwendig, konsequent und permanent dagegen anzukämpfen in unserer Gesellschaft“, so die Verfassungsministerin. Von der nationalen Strategie gegen Antisemitismus konnte man bisher 28 von insgesamt 38 Maßnahmen vollständig umsetzen. Darunter vor allem im Bereich Bildung verwies Edtstadler etwa auf das Internetportal www.erinnern.at vorrangig für Lehrerinnen und Lehrer. Die Umsetzung der fehlenden zehn Maßnahmen sei in Arbeit. Außerdem verwies sie auf die am Montag stattfindende Wiener Konferenz gegen Antisemitismus.
Edtstadler betonte auch, Österreich stehe „klar“ hinter Israel; die von der Hamas entführten Geiseln müssten freigelassen werden. Gleichzeitig, so die Verfassungsministerin weiter, brauch es mehr humanitäre Hilfe im Gazastreifen, die Israel zulassen müsse.
Am Sonntag findet der Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus statt. Am 5. Mai 1945 wurde das Konzentrationslager Mauthausen in Oberösterreich von der US-Armee befreit. Im KZ Mauthausen und seinen mehr als 40 Nebenlagern wurden zwischen 1938 und 1945 knapp 200.000 Menschen aus mehr als 40 Nationen gefangengehalten, rund 90.000 überlebten nicht.