Beim Thema „Nationaler Energie- und Klimaschutzplan“ (NEKP) gibt es neuen Unfrieden in der Regierung. Österreich ist mittlerweile das letzte EU-Land, das noch immer keinen Planentwurf an die EU-Kommission übermittelt hat. Ein Vertragsverletzungsverfahren läuft, im Herbst droht eine Klage. „Für die Außenwirkung der Republik ist das nicht gerade ideal“, heißt es im Klimaministerium.
Die Kommission hat inzwischen ein Mahnschreiben geschickt. Der Verfassungsdienst musste hochnotpeinlich antworten und erklären, warum Österreich säumig ist. Es bestünden „innerstaatlich unterschiedliche Rechtsstandpunkte“, und zwar „in Bezug auf die Voraussetzungen für die Übermittlung des Entwurfs“, heißt es in dem Papier, das kürzlich nach Brüssel ging. Man werde die Kommission „auf dem Laufenden“ halten.
Gewessler hatte bekanntlich im Oktober einen Entwurf abgeschickt, der aber nicht ausreichend mit der ÖVP akkordiert war. Vor allem das Finanz- und das Agrarministerium fühlten sich düpiert. Europaministerin Karoline Edtstadler zog ihn deshalb zurück. Seither schwelt der Streit, man schiebt sich gegenseitig die Schuld zu. „Wenn das Europaministerium seinen Einwand zurückzieht, dann sparen wir uns die Strafe“, sagt Gewessler. Edtstadler hält dagegen und verweist auf die Rechtsmeinung des Innsbrucker Professors Walter Obwexer. Demnach wäre Gewesslers Entwurf sowieso unbeachtlich gewesen, da er widerrechtlich zustande gekommen sei. Laut Bundesministeriengesetz müsse der Entwurf bindend in der Regierung abgestimmt werden.
Das Klimaministerium kontert allerdings mit einem konträren Gutachten des Professors Konrad Lachmayer. Dort heißt es, die Erstellung des NEKP obliege der Klimaministerin, also Gewessler. Und wörtlich: „Während bereits für den NEKP es keiner Koordination mit anderen Bundesministerien bedarf, ist diese Koordination im Sinne eines Größenschlusses noch weniger für die Erstellung des Entwurfs eines NEKP erforderlich.“
Unstrittig ist: Auch nach Gewesslers Entwurf bleibt noch eine Lücke, weil sich die Emissionen bis 2030 nur um 35 statt um 48 Prozent verringern. Die ÖVP will als Kompensation Verschmutzungsrechte kaufen, was immer noch billiger sei als EU-Strafzahlungen. Die Grünen dringen hingegen auf strengere Maßnahmen im finalen Klimaplan, der bis 30. Juni vorliegen muss. Ob Österreich das schafft? „Es ist möglich“, heißt es - ohne viel Überzeugungskraft - hinter den Kulissen.