Die beiden ehemaligen Koalitionspartner ÖVP und FPÖ deckten sich am Dienstag wechselseitig mit schweren Vorwürfen ein. Hintergrund ist die Ausweitung der Ermittlungen der WKStA wegen des Verdachts der Inseratenkorruption auf ehemalige blaue Regierungsmitglieder, darunter auch den heutigen FPÖ-Chef Herbert Kickl.
Aus Sicht der ÖVP versinke die FPÖ „immer tiefer in einem Sumpf aus Skandalen und Korruption“, wie es Generalsekretär Christian Stocker formulierte. Er forderte die Rücktritte aller noch aktiven blauen Politiker, auch von Kickl, der in der Vergangenheit bei Ermittlungen gegen andere Parteien auch stets Rücktritte gefordert habe. Die FPÖ dürfe nicht mit zweierlei Maß messen, so Stocker.
Weisung kam nur indirekt von Oberstaatsanwaltschaft Wien
Die FPÖ sieht dagegen eine „verzweifelte ÖVP“, die nun bei „ihrem tiefen Staat in der Justiz ein Verfahren ,bestellt‘ habe“, so Christian Hafenecker in einer Aussendung. Der FPÖ-Generalsekretär bezog sich dabei auf eine Weisung an die WKStA, Ermittlungen einzuleiten, nachdem diese zunächst keinen hinreichenden Anfangsverdacht gesehen hatte, dass sich die FPÖ-Spitze mit Inseraten gute Berichterstattung kaufen wollte. An der Spitze der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien ortet Hafenecker „ein zentrales Element des tiefen schwarzen Staates“.
Allerdings kam die Weisung in diesem Fall nicht von der OStA Wien, sondern von einem ihr formal zugeteilten Oberstaatsanwalt der OStA Innsbruck, der 2021 die Fachaufsicht in den politiknahen Fällen übernommen hatte. Der Grund für diese improvisierte Quasi-Behördenreform war, dass damals Chats aufgetaucht waren, in denen sich OStA-Wien-Leiter Johann Fuchs und Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek negativ über die WKStA geäußert hatten. Dies mündete dann in einen offenen Konflikt zwischen der Ermittlungsbehörde und ihrer gesetzlich definierten Fachaufsicht.