Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli ortete von Anfang an einen Benko-U-Ausschuss – und behielt weitgehend recht. Sechs Befragungstage lang hatten die Abgeordneten im COFAG-Untersuchungsausschuss Zeit, einer von SPÖ und FPÖ vermuteten „Zweiklassenveraltung“ auf die Spur zu kommen. Geklärt werden sollte, ob Milliardäre – insbesondere solche mit einem Naheverhältnis zur ÖVP – eine Sonderbehandlung etwa bei Coronahilfen oder Steuerangelegenheiten zuteilwurde. Was ist dabei herausgekommen?
Benko hielt die Finanzverwaltung ordentlich auf Trab
Über die komplizierten Firmenstrukturen im Signa-Konglomerat von René Benko haben die Abgeordneten in den vergangenen Monaten viel gehört und gelesen. Die Finanzprüfer hätten die Konstruktionen jedenfalls „ordentlich auf Trab gehalten“, sagte eine pensionierte Finanzbeamtin aus. So dürfte die Signa auch einiges an Steuern gespart haben: Verluste aus der Vermietung eines Privatjets wurde etwa mit Gewinnen aus anderen Bereichen gegengerechnet, wodurch insgesamt die zu zahlende Einkommenssteuer reduziert wurde. Indem die Villa auf dem Grundstück des früheren Schlosshotel Igls, die Benko als Privathaus gedient haben soll, offiziell gewerblich genutzt wurde, konnte man sich die beim Bau bezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer vom Finanzamt zurückholen.
Benko muss wohl Steuern nachzahlen
In jüngerer Vergangenheit hat die Finanzverwaltung offenbar einen strengeren Blick auf Benkos Unternehmungen geworfen: Der verlustreiche Flieger wurde als „Liebhaberei“ eingestuft und darf nicht mehr mit anderen Einkünften gegengerechnet werden – laut Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli soll Benko nun vier Millionen Euro Steuern nachzahlen, weitere fünf Millionen Euro an Steuerschulden aus der Fliegervermietung seien bereits verjährt. Die Republik fordert 12 Millionen Euro von der Igls-Projektgesellschaft zurück und hat bereits vorsorglich ein Pfandrecht auf die Villa eintragen lassen. Finanzminister Magnus Brunner sprach insgesamt von Signa-Steuerschulden in der Höhe eines „niedrigen zweistelligen Millionenbetrags pro Insolvenzverfahren“. Eine Gesamtsummer konnte er nicht nennen.
Die Bundesregierung ist mit der COFAG zufrieden
Erst in der letzten Befragungswoche rückte die Covidfinanzierungsagentur (COFAG) in den Mittelpunkt, die dem U-Ausschuss seinen Namen gibt. Diese wurde in der Frühphase der Pandemie eingerichtet, um Corona-Hilfen für Unternehmen abzuwickeln. In einem Bericht Ende 2022 übte der Rechnungshof massive Kritik an der Konstruktion. Die Prüfer bemängelten, dass eine ausgegliederte Gesellschaft für die Abwicklung der Förderungen gegründet wurde, anstatt die bestehende Finanzverwaltung damit zu beauftragen. Auch ortete der Rechnungshof „beträchtliches Überförderungspotenzial“. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP), sein Vorgänger Gernot Blümel (ÖVP) sowie Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) verteidigten die COFAG. Im Rückblick hätte man vieles besser machen können, doch in den hektischen ersten Wochen der Pandemie habe es schnell gehen müssen, lautete der Tenor. Die COFAG habe Förderungen jedenfalls „streng nach Richtlinie“ ausbezahlt, betonten unter anderem die beiden Geschäftsführer vor den Abgeordneten, Bevorzugungen habe es keine gegeben.
Beim Thema Überförderungen gibt es noch Baustellen
Offene Baustellen gibt es allerdings beim Thema Überförderung. Zentral ist dabei die sogenannte Konzernbetrachtung: Konkret geht es darum, dass in Konzernen, in denen jede Filiale formal als eigenes Unternehmen geführt wird, ursprünglich auch jede einzelne Filiale Corona-Förderungen beantragen konnte. Da die Förderungen pro Unternehmen gedeckelt waren, erhielten solche Firmen teils wesentlich mehr Förderungen als anders strukturierte Unternehmen. Schon 2020 warnte laut einem Dokument, das die SPÖ-Fraktion vorlegte, eine Anwaltskanzlei davor, dass die fehlende Konzernbetrachtung aus Sicht der EU-Kommission zum „Stolperstein“ werden könnte. Genau so kam es: Die Regierung muss die Regelung nun reparieren, Rückzahlungsforderungen stehen im Raum. Bisher konnten sich die ÖVP und Grüne allerdings noch auf keine Vorgangsweise einigen, bestätigten Brunner und Kogler.
Gibt es nun eine Sonderbehandlung von Superreichen?
Während viele der geladenen Beamten verneinten, dass es eine Sonderbehandlung einzelner in der Verwaltung gebe, machten andere Anekdoten die Abgeordneten stutzig: Eine Beamtin berichtete etwa von einem Bestreben in der Großbetriebsprüfung, die Höhe der Steuernachzahlungen von Investor Sigi Wolf zu reduzieren. Sie habe auf die ursprüngliche Summe bestanden und sei schließlich gebeten worden, nicht an der Schlussbesprechung zur Causa teilzunehmen.
Während die ÖVP-Fraktion insgesamt eine „ganz hervorragende Arbeit der Verwaltung“ ortet, sieht die SPÖ Reformbedarf: Der Finanzverwaltung fehle es an den nötigen Ressourcen, um komplexe Firmenkonstruktionen zu durchleuchten und Milliardäre angemessen zu besteuern.